Hat die Lega russische Wahlkampfhilfe erhalten?
Italiens Premier Conte will am heutigen Mittwoch im italienischen Senat zu den Russland-Ermittlungen gegen Lega-Chef Salvini Stellung nehmen. Ein enger Vertrauter Salvinis soll sich in Moskau mit noch nicht identifizierten Russen getroffen haben, um einen Deal zur illegalen Finanzierung der Partei auszuhandeln. Offenbar geht es um mehr als 60 Millionen Dollar.
Als wäre nichts geschehen
Wie Österreich hat nun auch Italien sein Ibizagate, findet die linke Tageszeitung Népszava:
„Der österreichische und der italienische Fall ähneln sich auf den ersten Blick, doch es gibt einen großen Unterschied. In Österreich hat das Ibiza-Video zum Scheitern der Regierung aus Volkspartei ÖVP und Freiheitspartei FPÖ geführt. Die FPÖ musste in die Ecke, um sich zu schämen, und wird wahrscheinlich auch nach der Wahl Ende September nicht ins Kabinett zurückkehren. Der Widerstand in der ÖVP gegen eine Neuauflage der Koalition ist gewaltig. In Italien hingegen geht das Leben weiter, als wäre nichts geschehen. Matteo Salvini hat einen Gegenangriff gestartet, ist lauter und aggressiver als je zuvor und hat ganz offen die erst etwas mehr als ein Jahr bestehende Koalition mit Movimento 5 Stelle infrage gestellt.“
Wer die Finger im Spiel haben könnte
Lucia Annunziata, Chefredakteurin von Huffington Post Italia, hat eine Vermutung, durch wen die italienischen Kontakte zu Russland an die Öffentlichkeit gelangten:
„Die unsichtbare Hand, die am effektivsten gegen die italienischen Souveränisten arbeitet, könnte deutsch sein. Es könnte sich um eine 'Reaktivierung' der deutschen Strategie zur Verteidigung Europas vor dem wieder auflebenden Nationalismus und vor Putins Russland handeln. Es wäre der Abschied vom traditionellen Schema der 'widerwilligen' Führungskraft, das Deutschland in der Nachkriegszeit prägte. ... Schlüpft Deutschland in Europa nun in eine Rolle, mit der sich das Land klar gegen die Souveränisten stellt und sich nicht länger hinter der technischen Funktion des Hüters von Maastricht verbirgt?“
Ehrenmann ist über alle Zweifel erhaben
La Repubblica glaubt den Unschuldbeteuerungen Salvinis nicht und verhöhnt ihn:
„Matteo Salvini schwört, er habe noch nie 'einen Rubel, einen Euro, einen Dollar oder einen Liter Wodka aus Russland angenommen'. Und Salvini ist ein Ehrenmann. Wir haben also keinen Grund, an seinem Wort zu zweifeln. ... Die Amerikaner werden da etwas durcheinander gebracht haben. Es muss eine Verwechslung der Tonbänder gegeben haben. Oder vielleicht wird man eines Tages entdecken, dass es sich um ein von Soros, Kapitänin Carola und [dem Satiriker] Maurizio Crozza organisiertes Komplott gehandelt hat, dass die sich diese Geschichte der italienischen Partei ausgedacht haben, die sich an den Zaren des neuen Russland verkauft, um die EU zu zerschlagen und Moskau zum politischen Zentrum des Kontinents zu machen.“
Lega-Chef könnte erpressbar sein
Huffington Post Italia zeigt die Parallelen zum österreichischen Ibiza-Skandal auf:
„Zwei Geschichten, die einen gemeinsamen Nenner haben, nämlich schmutzige Geschäfte zwischen souveränistischen Parteien und der großen Mutter Russland. Und die auf die gleiche Weise enden: Mit der Veröffentlichung von Audios und Videos, die heimlich aufgezeichnet wurden, wir wissen nicht, wie und von wem. ... Kann es sein, dass Salvini beschlossen hat, weiter mit den Cinque Stelle zu regieren, statt mit ihnen zu brechen und Neuwahlen zu fordern, weil er von jemandem erpresst wird? ... Auf der Suche nach einer definitiven Antwort muss man sich in der Zwischenzeit mit einem Aspekt begnügen: Sicherlich wird Salvini jetzt, nach der Veröffentlichung dieser Geschichte, politisch in Schach gehalten werden.“