Hält künftige EZB-Chefin Lagarde Draghis Kurs?
Der Wirtschaftsausschuss des EU-Parlaments hat der Nominierung von Christine Lagarde zur künftigen EZB-Präsidentin zugestimmt. Dass die bisherige IWF-Chefin vor den EU-Parlamentariern die Niedrigzinspolitik von EZB-Chef Draghi verteidigte, ärgert einige Kommentatoren. Andere prophezeien ihr einen schmerzhaften Spagat.
Die versprochene Wende bleibt aus
Christine Lagarde wird die europäische Währungspolitik weiter im Sinne der Mächtigen betreiben, fürchtet Večer:
„Trotz der Versprechen einer grüneren Geldpolitik und der Bemühungen, die Gleichberechtigung von Frauen zu stärken, wird sie nach dem Takt derjenigen tanzen, denen billiges Geld am meisten nützt. Das sind nicht etwa klein- und mittelständische Betriebe oder der gewöhnliche Bürger. Die Politik des billigen Geldes nützt vor allem denjenigen, die sowieso schon auf verschiedenen Konten, vor allem in Steueroasen, unvorstellbar hohe Geldbeträge haben. Das sind auch die Player im modernen Kasinokapitalismus, die auf Umweltschutz, Bürgerrechte allgemein und Frauenrechte im Besonderen pfeifen.“
Wachstum auf Pump
Die Logik des billigen Geldes kann zum Zusammenbruch führen, warnt De Standaard:
„Irgendwann geht die Luft wieder raus. Jetzt, da sich die Konjunktur nach einigen guten Jahren wieder verlangsamt, wird deutlich, dass man sich das Wachstum zum größten Teil auf Pump erkauft hatte. ... Die Folgen sind ungewiss. ... Solange von den Finanzmärkten keine Notsignale kommen, treibt das Schiff weiter, denkt man. Am unteren Ende des Systems aber spürt man eine latente Unruhe. Es wird eigensinnig weiter gespart und der Immobilienmarkt nähert sich dem Siedepunkt. ... Alle neuen Eigentümer setzen auf stabile hohe Erträge. Genauso wie die Anleger von immer höheren Börsenkursen ausgehen. Was sollte da schon schief gehen?“
Kein leichter Job
Christine Lagarde wird als EZB-Chefin ständig mit deutschen und französischen Ansprüchen konfrontiert sein, prophezeit L'Opinion:
„Der derzeitige EZB-Chef, Mario Draghi, steht für seinen währungspolitischen Kurs ständig in der Kritik. Der gilt als unkonventionell und hat zur Folge, was alle deutschen Sparer hassen: Negativzinsen. Die Franzosen denken das Gegenteil: Als eines der höchst verschuldeten Länder Europas sind die Zinsen ein schönes Geschenk. Denn die Regierung kann dadurch ihren Haushalt verabschieden sowie Defizit und exorbitante Staatsausgaben zur Bagatelle machen. Zudem träumen sie davon, dass die Deutschen mehr öffentliche Ausgaben tätigen. In diesem Kontext erwartet EZB-Chefin Lagarde eine schwierige Aufgabe.“