Tschechien: Grenztote sollen gesühnt werden
In Tschechien ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen mögliche Verantwortliche für die Ermordung von Flüchtlingen an der Westgrenze der früheren Tschechoslowakei. Dabei stehen drei Männer im Visier: Ex-KP-Generalsekretär Miloš Jakeš (97), der frühere Regierungschef Lubomír Štrougal (95) und Ex-Innenminister Vratislav Vajnar (89). Für die Presse wird damit endlich Gerechtigkeit hergestellt.
Gerechtigkeit, keine Rache
Die Verbrechen des kommunistischen Regimes verjähren nicht, ist Pravda überzeugt:
„Wenn jemand fragt, wer sich heute noch für solche 'alten Sünden' interessiert, den sollte man an das Schicksal von Hartmut Tautz erinnern. Der 18-jährige Magdeburger kam 1986 an der Grenze zu Österreich bei Bratislava grausam ums Leben. Der frisch gebackene Abiturient war nur ein paar Schritte von der Freiheit entfernt, als er von extra darauf trainierten Spürhunden gebissen und lebensgefährlich verletzt wurde. Er wurde drei Stunden verhört, bis er starb. Statt ihm Erste Hilfe zu leisten, versuchten die Grenzer, ihm Namen von Komplizen abzupressen. ... Die Verfolgung solcher Verbrechen ist nicht an Zeit gebunden. Sie stellt auch keine Rache dar, sondern Gerechtigkeit.“
Mitleid mit greisen Angeklagten ist unangebracht
Endlich werden die Morde aufgeklärt, ist auch Lidové noviny erleichtert:
„Die Diktatur, unter der wir 40 Jahre lebten, hat viele Menschen getötet und Hunderttausenden das Leben anderweitig vergällt. Dieses Unrecht ist kaum bestraft worden, die Verurteilten lassen sich an den Fingern einer Hand abzählen. Häufig hieß es, die Dinge seien verjährt. ... Niemandem ist es angenehm, über alte Männer zu richten. Doch die haben keine kleinen Diebstähle auf dem Kerbholz. Sie führten einen repressiven Staat, der tötete. Da ist Mitleid unangebracht.“