Tokio 2020 wird verschoben
Die für August geplanten Olympischen Sommerspiele werden wegen der Covid-19-Pandemie auf 2021 verschoben. Das haben das IOC und das Ausrichterland Japan nach einem Telefongespräch zwischen dessen Premier Abe und IOC-Präsident Bach beschlossen. Noch kurz zuvor hatte Bach angekündigt, erst Mitte April zu entscheiden. Die Presse nutzt die Verschiebung für grundsätzliche Erörterungen zu Olympia.
Das olympische Feuer bleibt ein Hoffnungsschimmer
Die Sportwelt hat sich die Entscheidung zu Recht nicht leicht gemacht, erklärt Wedomosti:
„Die Frage, ob man die Spiele trotz allem unter den Bedingungen einer Pandemie veranstalten sollte, spaltete die Sportwelt. Für die einen wäre Olympia ein ungebührliches Fest während der Pest gewesen - was gibt es im Krieg zu feiern, zumal in einem, den man gerade verliert? ... Für die anderen wären die Spiele in Zeiten, in denen sich die Staaten abkapseln und die Menschen zuhause bleiben müssen, ein Symbol der Hoffnung, Offenheit und Solidarität geblieben. ... Die Verschiebung ist ein Kompromiss. Man hat das olympische Feuer in Tokio belassen - als Leuchtfeuer der Hoffnung in dieser unruhigen Zeit.“
Virus wirft anderes Licht auf überteuerte Spiele
IOC-Präsident Thomas Bach hat vor der Entscheidung eine schlechte Figur abgegeben, kritisiert Gazeta Sporturilor:
„Wie die Mehrheit der politischen Führer, die vom Geschehen überfordert sind und auf ihren gut dotierten Posten verknöchern, hat auch Thomas Bach schlecht und verspätet reagiert. ... Noch zwei Tage zuvor veröffentlichte er eine lange Erklärung voller Parolen und Heucheleien, in der er versprach, dass man hart arbeiten und in vier Wochen eine Entscheidung zu Olympia haben werde. Bach arbeitet hart für die Verbreitung der olympischen Ideale? Wahrscheinlich hätte man ihn mit einem milliardenschweren Staubwedel die fünf olympischen Ringe aufpolieren sehen. Die Welt nach dem Virus könnte uns eine völlig neue Perspektive auf die Spiele eröffnen. Vielleicht können wir nicht zu den unschuldigen Idealen eines Pierre De Coubertin zurückkehren, aber doch zum bescheideneren Ansatz von [Ex-IOC-Präsident] Avery Brundage. Die Isolation lässt einen an Utopien glauben.“
Ohne Impfstoff kein Sport
Für La Repubblica bleiben auch nach der Verschiebung viele Fragen offen:
„Wenn man bedenkt, dass bereits eine Reihe von Sportveranstaltungen aus dem Jahr 2020 auf 2021 verschoben wurden, stellt sich die Frage: Wann sollen die Spiele stattfinden? Einige sprechen von März, andere vom Sommer, aber so oder so sind die Kalender der Profi-Meisterschaften im Fußball, Basketball und Tennis bereits voll und viele Athleten würden nicht zur Verfügung stehen. Ganz abgesehen davon, dass Olympia nicht die gleichen Einschaltquoten hätte, wenn gleichzeitig andere Wettkämpfe stattfinden. Der wichtigste Kampf aber bleibt der gegen das Virus: Wie wird der Sport, der von der physischen Anwesenheit der Menschen lebt, überhaupt wieder ins Spiel kommen? Ohne dass es einen Impfstoff oder ein Gegenmittel gibt, kann man nicht daran denken, ein Stadion, eine Sporthalle oder ein Schwimmbad zu betreten.“