Kein Schutz für Russlands Ärzte?
Russland ist zurzeit das Land mit den meisten täglichen Corona-Neuinfektionen in Europa. Zu Infektionsherden wurden vielerorts Krankenhäuser. Das medizinische Personal beklagt die mangelnde Versorgung mit Schutzausrüstung - und zahlreiche Infektions- und Todesfälle in den eigenen Reihen. Auch die Presse greift das kritisch auf.
Mediziner gelten dem Kreml als Verbrauchsmaterial
Der linke Telegram-Kanal SerpomPo wirft dem Staat in einem von Echo Moskwy übernommenen Beitrag Versagen gegenüber den Ärzten vor:
„Die 'Gedenkliste' der russischen Mediziner, die in der Pandemie gestorben sind, ist seit gestern mehr als 100 Namen lang. ... Natürlich sind sich Russlands Ärzte im Klaren, dass sie eine Gruppe mit erhöhtem Risiko sind, wie überall auf der Welt. Doch viel hängt von der Haltung der Gesellschaft zu ihrer Arbeit ab. Anderswo sind sie Helden, aber hier… Für den Staat sind sie Verbrauchsmaterial. Anders ist seine kriminelle Unfähigkeit, sie innerhalb von zwei Monaten mit Schutzausrüstung zu versorgen, nicht zu erklären - während man gleichzeitig 'humanitäre Hilfe' an die USA verkauft und das Exportverbot für medizinische Schutzausrüstung aufhebt. ... Der Staat hat sie alleine gelassen.“
Eine Show nur fürs Ausland
Drei russische Ärzte, die den Mangel an Ausrüstung kritisiert hatten, sind in den vergangenen Wochen aus Fenstern gestürzt, zwei von ihnen starben. Zugleich sendet Putin Tonnen von Schutzkleidung an andere Nationen, wundert sich das Portal Gazete Duvar:
„Wenn in Russland, wo es Probleme im Gesundheitssystem gibt, die Fallzahlen rasant ansteigen, drei Ärzte unter mysteriösen (!) Umständen aus dem Fenster fallen und der Staatschef erklärt, es gebe 'noch einen Mangel an Ausrüstung', andererseits aber die abgeschickten Hilfsflugzeuge und -schiffe in der Presse wie eine Show präsentiert werden, dann muss man sich fragen: Ignoriert Russland seine Hinterzimmer (also die verschiedenen Teile des Landes), indem es sich im Schaufenster als starkes und hilfreiches Land zeigt?“