Belgiens Parlament vertagt Abtreibungsgesetz
Die Parlamentsabstimmung über die Liberalisierung des belgischen Abtreibungsrechts wurde am Donnerstag erneut vertagt. Der Gesetzesentwurf würde auch Abbrüche nach dem dritten Schwangerschaftsmonat erlauben. Eine solch wichtige Entscheidung sollte besser unter einer stabilen Regierung fallen, finden die einen. Andere halten die Verzögerungstaktik für undemokratisch.
Kein Respekt vor der Demokratie
Dass eine Minderheit die Parlamentsabstimmung über die Abtreibungsliberalisierung erneut verzögert, ist undemokratisch, findet Le Soir:
„Nachdem die Abstimmung schon zweimal aufgrund von verschiedenen Änderungen verschoben wurde, hätte es der Respekt vor der Demokratie verlangt, dass man das Parlament abstimmen lässt. ... Als über das erste Abtreibungsgesetz [1990] abgestimmt wurde, kritisierte man die Haltung des Königs Baudouin [der sich vom Parlament kurzzeitig als "nicht regierungsfähig" erklären ließ, um das Gesetz nicht unterschreiben zu müssen]. Aber was heute geschieht, ist maßlos. Damals hat man einen institutionellen Trick gefunden - das Aussetzen der Regentschaft - nicht etwa mit dem Ziel, die Demokratie zu umgehen, sondern um sie zu stärken, indem man die Vorherrschaft des Parlaments und damit des Volkes instand hielt. Das genaue Gegenteil hat sich diesen Donnerstag ereignet.“
Falscher Zeitpunkt für wichtige Entscheidung
Eine Initiative aus 2.680 Ärzten und Psychologen sowie 11.230 weiteren Unterzeichnern unterstützt die Verschiebung. Ihren offenen Brief veröffentlicht La Libre Belgique:
„Nach den ersten drei Monaten ist eine Abtreibung ein Eingriff, der sehr viel schwerwiegender ist für die Frau und die ihre nahestehenden Personen, aber auch für das medizinische Personal. ... Wir fordern eine echte Debatte. ... Ein solches Gesetz kann unter diesen Bedingungen nicht verabschiedet werden. Und erst recht nicht nach einer Gesundheitskrise, die das medizinische Personal erschöpft hat. Wir bedauern die überstürzte Eile, mit der einige Parlamentarier dieses bedeutsame Gesetz durchdrücken wollen, in Abwesenheit einer Regierung und vor allem ohne wirkliche demokratische Debatte.“