Was bedeutet das Treffen von Trump und Selenskyj?
Am Rande der Trauerfeier für Papst Franziskus haben sich US-Präsident Donald Trump und sein ukrainischer Amtskollege Wolodymyr Selenskyj am Samstag im Petersdom zu einem Gespräch über den Ukraine-Krieg zusammengesetzt. Das Weiße Haus sprach danach von einem "sehr produktiven" Treffen, Selenskyj erklärte, es könne historisch bedeutend werden. Kommentatoren debattieren, ob die Zusammenkunft ein Wendepunkt sein könnte.
Symbolträchtiges Bild des Miteinanders
Echo24 schöpft ein wenig Hoffnung:
„Donald Trump und Wolodymyr Selenskyj sitzen gemeinsam unter der Kuppel des Petersdoms auf gewöhnlichen Stühlen, sitzen allein, unbehelligt und unterhalten sich. In der Nähe des Sarges des verstorbenen und zu beerdigenden Papstes Franziskus – der offiziell in Europa arbeitete, aber aus Amerika, wenn auch aus Südamerika, stammte. So viel Symbolik in einem Moment. Ein Bild der Hoffnung, des Glaubens an Wunder und der Fähigkeit der Menschen, miteinander zu reden. Wochen nach dem letzten Treffen der beiden Politiker im Weißen Haus, bei dem sie vor aller Welt stritten, ist dies ein Kontrapunkt: Nicht Arroganz, sondern Bescheidenheit und Schweigen prägen das neue Treffen der beiden Männer.“
Nichts überinterpretieren
Die Süddeutsche Zeitung warnt vor zu schnellen Schlüssen:
„Die Wirkung des Bildes ist so groß, weil in ihm eine Hoffnung mitschwingt: Im Geiste Franziskus’ könnte Friede entstehen in der Ukraine. Aber zeigt das Bild das wirklich? Was in dem Moment gesprochen wurde, wissen nur die beiden. Was daraus wird, muss sich zeigen. Für die Wirkung der Aufnahme ist beides aber nachrangig. Sehen kann auch heißen: überinterpretieren.“
Ein Wunder wird nicht eintreten
La Stampa glaubt nicht, dass ein gerechter Frieden nun näher gerückt ist:
„Es ist schwer vorstellbar, dass es Selenskyj gelungen ist, die Annäherung zwischen Trump und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zu untergraben. ... Es stimmt zwar, dass Trump nach dem Treffen im Petersdom härtere Worte an Putin adressiert hat als sonst. Er kritisierte die russischen Raketen auf ukrainische Zivilisten, sagte, er sei vom Kremlchef 'verhöhnt' worden und spielte auf neue Sanktionen gegen Moskau an. Aber wir wissen, dass es für Putin nur allzu leicht ist, Trump zu schmeicheln und die Beziehungen zu Washington wieder auf Kurs zu bringen, während der Krieg weitergeht. Kurzum, es fällt schwer, auf das Wunder zu hoffen, dass Trump ein Verfechter eines gerechten Friedens in der Ukraine wird.“
Nun müssen konkrete Taten folgen
Laut Večernji list sind die Aussagen des US-Präsidenten mit Vorsicht zu betrachten:
„Hatte Donald Trump im Vatikan eine unerwartete Erleuchtung? Nach zahllosen Äußerungen, die das Kreml-Narrativ zu den Gründen und Folgen des Ukraine-Krieges wiederholt hatten, sagte Trump nach dem samstäglichen Gespräch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Petersdom, dass ihn der russische Präsident Putin 'vielleicht nur hinhält' und den Krieg womöglich 'nicht beenden will', was auf Veränderungen in der Rhetorik hinweist. ... Dennoch sollte im Falle Trumps, insbesondere wegen seiner bisherigen Sympathien für Russland, jede wirkliche Veränderung seines Standpunkts durch konkrete Taten untermauert werden, irgendwelche Aussagen reichen nicht.“
Kreml könnte sich verrechnet haben
Politologe Wadym Denyssenko rätselt in einem von Espreso übernommenen Facebook-Post darüber, was Trump und Selenskyj besprochen haben könnten:
„Nach den Gesprächen befürchtet man im Kreml allem Anschein nach, dass der Ball nun bei Russland liegt und dass man den [US-]Vorschlägen zum Atomkraftwerk Saporischschja, zum Rückzug aus der Region Charkiw usw. zustimmen muss. ... Soweit ich es verstehe, war Russlands Plan einfach: Die Ukraine würde die Vorschläge bezüglich der Krim ablehnen und Russland müsste dann nicht öffentlich erklären, dass es mit allen anderen Punkten des Plans einverstanden ist. Es sieht danach aus, dass eine Formulierung in puncto Krim bei den Gesprächen mit Trump gefunden wurde, die sowohl den USA als auch uns passen könnte.“