Wie lange kann Borissow sich noch halten?
Die Proteste gegen Bulgariens Premier Bojko Borissow gehen am heutigen Freitag in den 78. Tag. Zuletzt kam es mehrfach zu Ausschreitungen und Übergriffen der Polizei. Die Forderung der Demonstrierenden bleibt dieselbe: der Rücktritt der Regierung. Borissow lehnt diesen ab, unter anderem mit der Begründung, er sei schließlich demokratisch legitimiert. Die Landespresse sieht das anders.
Er zieht seine Partei mit in den Abgrund
Je länger der Premier den Rücktritt hinauszögert, desto größer der Schaden für seine Partei, schreibt Duma:
„Die Proteste können, so wie sie im Moment ablaufen, Borissow nicht stürzen, aber sie bewirken etwas anderes. Er bricht wegen der Proteste politisch immer mehr in sich zusammen, was die von ihm geschaffene informelle Regierungsstruktur erschüttert und so indirekt zur Erosion von Gerb beiträgt. … Es gibt keinen vernünftigen Menschen mehr, der glaubt, für Borissow gebe es einen Platz in der Politik. Stattdessen tobt vor unseren Augen gerade der Krieg um sein Erbe. Ein erbärmliches und trauriges Schauspiel, aber er hat es nicht anders verdient.“
Nie ein Premier des Volkes
Auch wenn Borissow aus drei Wahlen als Sieger hervorgegangen ist, hatte er nie die Mehrheit der Bevölkerung hinter sich, stellt e-vestnik klar:
„Borissows Regierungen kamen seit 2009 nur aufgrund von Koalitionen zusammen. Schon in seiner ersten Amtszeit hatte er nicht genügend Abgeordnete, um eine Regierung zu bilden, und wurde von [der nationalistischen Partei] Ataka und der Partei von [Ex-Premier] Kostow unterstützt, ohne dass sie offiziell der Koalition beitraten. In seiner zweiten Amtszeit hatte Gerb nur 85 Abgeordnete [von insgesamt 240]. Und selbst jetzt bekommt Borissow mit seinen Koalitionspartnern nicht die 121 Abgeordneten für eine Mehrheit zusammen. Er regiert mit gekauften Abgeordneten von hier und dort, wie es zu seinem klientelistischen Führungsstil passt.“