Keine "goldenen Pässe" aus Zypern mehr
Zypern hat nach massiver Kritik unter anderem von der EU-Kommission das Ende der Vergabe von Staatsbürgerschaften im Austausch gegen Investitionen angekündigt. Al Jazeera hatte enthüllt, dass zyprische Beamte und Politiker zweifelhafte Persönlichkeiten aktiv bei der Bewerbung um die 'goldenen Pässe' unterstützen. Viel verändern wird die Entscheidung der Regierung aber wohl nicht, meinen Kommentatoren.
Dann gehen sie eben nach Malta
Nowaja Gaseta weist darauf hin, dass damit der Handel mit EU-Pässen längst nicht erledigt ist - es gibt ja noch andere Länder mit einem solchen Geschäftsmodell:
„Die EU-Kommission hat angemerkt, dass 'europäische Werte nicht verkauft' werden und erinnerte daran, dass sie schon früher 'ihre ernste Besorgnis' über Programme zur Erteilung von 'Investoren-Staatsbürgerschaften' ausgedrückt habe. Gegenwärtig durchleuchtet sie, ob das zyprische Programm der EU-Gesetzgebung entspricht und wird wohl Gründe finden, nochmals ihre Besorgnis zu äußern. Aber potentielle EU-Neubürger sollten sich keine Sorgen machen. Es bleibt ja Malta. Unter Berücksichtigung der notwendigen Immobilieninvestitionen, der Zahlungen in den staatlichen Entwicklungsfonds und der Zuschläge für Angehörige bekommt man dort ein Familien-Passpaket für etwa 1,5 Millionen Euro.“
Katharsis ist der einzige Weg
Die Beendigung der Ausgabe von Staatsbürgerschaften wird das Problem der Korruption in Zypern nicht lösen, betont der Kolumnist Andreas Andreou in Kathimerini:
„Es gibt einen Weg und das ist die Katharsis. Diejenigen, die für all den Verfall und die Korruption verantwortlich sind, sollten sofort ins Gefängnis gebracht werden. Und das umfasst Politiker, Geschäftsleute, Anwälte, Buchhalter, Regierungsbeamte, einfache Beamte und so weiter. Ihr Netzwerk reicht überall hin. Es gibt keinen anderen Weg, um unseren schlechten Ruf abzuschütteln. … Meiner Ansicht nach hat die Regierung das Programm voreilig abgeschafft. Zuerst hätte sie die Verantwortlichen entlassen und vor Gericht stellen müssen. ... Αnstatt das System zu reparieren, wird wieder nur ein Programm abgeschafft.“
Die Regierung hat zu spät reagiert
Zypern hätte das Pass-Programm gerade jetzt eigentlich gut gebrauchen können, findet Cyprus Mail:
„Es besteht kein Zweifel, dass das Programm in der Vergangenheit missbraucht und gegen seine Regeln verstoßen wurde. Es ist aber geradezu ironisch, dass es eingestellt werden soll, obwohl es gerade viel strenger gemacht wird und drei seriöse ausländische Unternehmen beauftragt sind, eine Due-Diligence-Prüfung [sorgfältige Prüfung] für jeden Antrag durchzuführen. Die Regierung hat zu lange gewartet, um Korrekturmaßnahmen zu ergreifen, weshalb sie nun dieses Programm streichen musste, das nach dem Kollaps von 2013 [Bankenkrise] erheblich zur Erholung der Wirtschaft beigetragen hat und dem Land auch geholfen hätte, mit der gegenwärtigen schwierigen wirtschaftlichen Situation fertig zu werden.“
Was für eine Blamage
Haravgi zeichnet das Ausmaß des Skandals nach:
„Sie haben sehr leichtfertig 'goldene' Pässe nicht an ernsthafte und zuverlässige Investoren vergeben, sondern an Betrüger und Steuerhinterzieher. Sie haben einem ganzen Harem den zypriotischen Pass gegeben, weil Präsident Anastasiadis zwei bis drei Familienreisen mit dem Privatjet seines saudischen Freundes unternommen hat! Eines der Mitglieder der saudischen Familie hat, wie im Prüfungsausschuss des Parlaments gesagt wurde, zwei Ehefrauen und beide erhielten 'goldene Pässe'. Die 'goldenen Pässe' wurden an im Ausland lebende russische und ukrainische Oligarchen ausgegeben. … Eine ganze Industrie ist um die 'goldenen Pässe' entstanden, die Millionen von Euro in die Taschen einer kleinen Gruppe von Anwälten, Wirtschaftsprüfern und Bauunternehmern spülte.“