Welche Stolpersteine warten noch auf Draghi?
In Italien ist die Regierungsbildung von Mario Draghi ins Stocken geraten, nachdem die Fünf-Sterne-Bewegung am Mittwochabend die Abstimmung zu ihrer Unterstützung vorerst verschoben hat. Kommentatoren erläutern indes, vor welchen Herausforderungen der designierte Premier steht, wenn die komplizierten Verhandlungen erst einmal abgeschlossen sind.
Grüne Wende nicht länger aufschieben
Avvenire hofft, dass der Kampf gegen den Klimawandel nun Vorrang erhält:
„Die Debatte scheint dieser Tage zu oft die Tatsache zu ignorieren, dass die ökologische Übergangsrevolution auf globaler Ebene in vollem Gange ist und wir nicht in der Lage sein werden, wettbewerbsfähig zu sein und Arbeitsplätze zu schaffen, wenn wir dies nicht berücksichtigen. ... Dennoch kommt derzeit vor, dass man in denselben Medien einerseits alarmierte Artikel über den Klimanotstand und den Zusammenbruchs eines Staudamms aufgrund der fortschreitenden Eisschmelze im Himalaya liest und andererseits Artikel über die Prioritäten des Regierungsprogramms, in denen das Thema völlig ignoriert wird. Es ist gut, dass aus dem Konsultationszimmer des designierten Premiers Draghi Signale kommen, die deutlich machen, dass für ihn die ökologische Wende eine Priorität ist.“
Raus aus dem Palast, unter die Menschen
Draghi wird Italien schwerlich wie die EZB lenken können, mahnt Corriere della Sera:
„Mario Draghi ist sicherlich der politischste aller Technokraten. Doch er wird er das tun müssen, was er vielleicht noch nie getan hat: den Palast verlassen und den Menschen, etwa Beppe Piazza und seinen Kollegen von Embraco [das Unternehmen steht vor dem Bankrott und entlässt seine 400 Mitarbeiter] in die Augen schauen; mit den eigenen Ohren den Worten von [Küchenchef] Filippo La Mantia oder irgendeinem der mehr als 1,2 Millionen Menschen zuhören, die im Gastgewerbe arbeiten - oder eben nicht mehr arbeiten. Kurz gesagt, nicht nur Dossiers, Impfpläne und Wiederaufbauplan, sondern es bedarf eines echten 'Abstiegs in die Hölle' der Realität.“