Österreich: Mischt sich Kurz in die Justiz ein?
Gegen Österreichs Finanzminister Blümel (ÖVP) wird wegen Korruptionsverdachts ermittelt. Er soll im Tausch für Parteispenden in Italien zugunsten des Glückspielkonzerns Novomatic interveniert haben. Nun hat Kanzler Kurz (ebenfalls ÖVP) den Justizbehörden in einem Brief seine Zeugenaussage angeboten, um die "falschen Annahmen und fehlerhaften Fakten" zu entkräften. Für Kommentatoren ein Fauxpas.
Zumindest unüberlegt und verantwortungslos
Der Standard erinnert an die Gewaltenteilung:
„Richter, Staatsanwälte und namhafte Juristen sind fassungslos oder zumindest in großer Sorge, was da gerade passiert. ... Entweder, die Kanzlerpartei ist hochgradig nervös – aus Angst, was da noch kommen könnte. Oder – und das ist mindestens genauso gut möglich – Kurz und seine Leute sind ehrlich empört, weil sie sich nichts zuschulden kommen ließen. Menschlich wäre es dann auch nachvollziehbar, dass sich Kurz ungerecht behandelt fühlt und um sich schlägt. Aber er ist der Bundeskanzler. Er hat Verantwortung. Und zu der zählt auch, dass er eine Staatsanwaltschaft in Ruhe arbeiten lässt. Ein Regierungschef, der die Justiz angreift, greift die Demokratie an.“
Ein Hauch von Trump
Eine Formulierung in Kurz' Brief erinnert Die Presse an den ehemaligen US-Präsidenten:
„Kurz scheint ein sehr reines Gewissen zu haben, immerhin verzichtet er auf seinen Status als Beschuldigter ... . Damit kann er sich auch keiner Aussage entschlagen. Bei dieser sollte er präziser sein als beim Briefschreiben. In dem warnt er bekanntlich die Staatsanwälte vor Reputationsschaden durch unrichtige Annahmen – und 'fehlerhafte Fakten'. Das klingt nicht nur nach einem Trumpism, es ist ein solcher. Es liegt in der Natur der Fakten, nicht fehlerhaft oder alternativ zu sein. Was Kurz meinte: fehlerhafte Darstellungen. Und was er wohl auch meinte und nicht schrieb: elend lange Verfahren. Letzteres wäre freilich wirklich ein Problem und Schaden für die Politik und alle beteiligten Institutionen.“