EU und Schweiz: Beziehungsstatus "kompliziert"
Nach sieben Jahren drohen die Gespräche zwischen der Schweiz und der EU über ein Rahmenabkommen zu scheitern. Am morgigen Freitag trifft Bundespräsident Guy Parmelin Ursula von der Leyen. Doch in den vergangenen Wochen antwortete Bern weder konkret auf Nachfragen Brüssels, noch kamen Vorschläge zur künftigen Regelung der Beziehungen. Für Kommentatoren geht es bereits um Schadensbegrenzung.
Hinhaltetaktik ist gescheitert
Die Schweiz muss endlich Klartext reden, fordert der Tages-Anzeiger:
„Dieses Abkommen ist nicht mehr zu retten. Dieses Abkommen wird – auch mit kosmetischen Korrekturen – nie und nimmer eine Volksabstimmung überstehen. Viel zu gross sind die Zerwürfnisse in den entscheidenden Lagern. ... In der Konsequenz hat Bundespräsident Guy Parmelin bei seinem Besuch in Brüssel ... nur eine Option: Er muss die Verhandlungen zum vorliegenden Rahmenabkommen für gescheitert erklären. Nur dieses Vorgehen wäre fair gegenüber der EU, die sich zu Recht hingehalten fühlt. Kein Wunder, kritisiert sie nun offen den Verhandlungsstil der Schweiz, dessen einzige erkennbare Taktik im Abwarten besteht.“
Widerstand im Volk kein Argument
Nun auf den Stimmungswandel in der Bevölkerung zu verweisen, findet Le Temps eine faule Ausrede:
„Jeder EU-Mitgliedsstaat muss sich seiner öffentlichen Meinung und seinem Parlament stellen: Die Schweiz entkommt dem nicht und kann diesbezüglich nicht ihre direkte Demokratie vorschieben. Referenden hat die EU schon einige verloren! In Irland, in Dänemark, in Frankreich, in den Niederlanden, ganz zu schweigen von Großbritannien: Sie hat sich jedes Mal davon erholt. Vorzugeben, die EU vor der Schmach bei einer Volksbefragung in der Schweiz zu bewahren, funktioniert hier nicht. Denn das Argument wird von einer Regierung vorgebracht, die nicht viel unternommen hat, um die Wählerschaft über die Herausforderungen ihrer Europapolitik zu informieren, und das Feld ihren Gegnern überlassen hat.“