Die Russen wählen – aber welche Wahl haben sie?
In Russland wird am 19. September eine neue Duma gewählt. Die Kreml-Hauspartei Einiges Russland ist zwar mit einem Stimmungstief konfrontiert, Nawalny-Anhänger und andere Kandidaten oder Parteien, die sich gegen Putin positionieren, wurden aber gar nicht erst zu Wahl zugelassen. Für Kommentatoren kann da nur noch sehr bedingt von demokratischen Prozessen gesprochen werden.
Echte Opposition im Parlament längst Fehlanzeige
Snob ruft in Erinnerung, dass es mit der Pluralität in der Duma schon heute nicht weit her ist:
„Der letzte Fall, dass jemand nicht mit der Sichtweise des Regimes einverstanden war, waren 2014 zwei Proteststimmen wegen der 'Rückkehr der Krim in den heimatlichen Hafen'. Bei allen für Putin wirklich wichtigen Fragen - der 'Annullierung' der alten Amtszeiten, dem Konflikt mit dem Westen und der Ukraine, der Erhöhung des Militäretats, der Ausweitung der Geheimdienstbefugnisse oder dem Kampf gegen Nawalny und andere 'Extremisten' stimmt die sogenannte Opposition mit Einiges Russland. Wenn jemand der Generallinie widerspricht, so sind das [der Nationalist] Schirinowski, der Atombombenabwürfe fordert und [der Vorsitzende der Kommunisten] Sjuganow, der wie immer über das Schicksal der Rentner und das zerfallene Erbe der UdSSR lamentiert.“
Das Internet wird von Widerworten gereinigt
Ende Juli wurden 49 Webseiten aus dem Nawalny-Umfeld vorläufig gesperrt. Nowaja Gaseta ordnet ein:
„Das Ziel des Kremls ist offenbar, bis zum September die Zahl der Erwähnungen von Nawalnys Team im öffentlichen Raum zu minimieren. Der Staat kann dann noch die Karte der Verfolgung von Leuten ausspielen, die in sozialen Netzen 'verbotene extremistische Information' teilen, also erneut den Spieleinsatz steigern, was modernen Politterror und Paranoia angeht. Es wäre naiv zu hoffen, dass am 20. September, 'wenn alles für die nächsten fünf Jahre geklärt ist', Nawalnys Seiten wieder freigegeben werden. ... Politische Zensur im Internet ist keine Wahlkampftaktik, sondern die große Strategie zur Gewährleistung der 'Stabilität'.“