Ungarn und Slowakei streiten über Vertreibung
Die sogenannten Beneš-Dekrete, mit denen die damalige Tschechoslowakei nach dem Zweiten Weltkrieg unter anderen Ungarn enteignete und vertrieb, haben erneut zu einer diplomatischen Krise zwischen Budapest und Bratislava geführt. An einem Mahnmal für Vertriebene im slowakischen Šamorín forderte der ungarische Parlamentspräsident László Kövér eine Entschuldigung der Slowakei. Der slowakische Außenminister Ivan Korčok verbat sich die Einmischung.
An Aufarbeitung führt kein Weg vorbei
Dass die Slowakei eine Entschuldigung für die noch immer gültigen Dekrete schuldig ist, steht für Új Szó - ungarischsprachige Tageszeitung in der Südslowakei - fest:
„Was die Entschuldigung betrifft, hat László Kövér Recht. [Die Slowakei] schuldet diese seit langem, sie kostet gar nichts und wäre eine wichtige Geste. Dass das slowakische Parlament dazu seit 1993 nicht fähig war, weist ausschließlich auf die Kleinlichkeit der politischen Führer des Landes hin. Die Slowakei muss früher oder später das historische Erbe der Beneš-Dekrete bewältigen, egal, wie schwierig das ist.“
So werden wir nie gemeinsam einen Kranz niederlegen
Indem es die destruktiven Strategien des Nachbarlands übernimmt, leistet die Slowakei jedenfalls keinen förderlichen Beitrag, ärgert sich Népszava:
„Die Orbán-Regierung fordert seit Jahren mehr Respekt, mal von Europa, mal von einem Nachbarland. Kann man jedoch Respekt erhalten, wenn man den anderen gegenüber keinen Respekt zeigt? ... Das Außenministerium der Slowakei hat dabei die Lieblingswaffe von Budapest gegen Ungarn gewendet, indem es nun ebenfalls mehr Respekt forderte. Werden wir unter solchen Umständen und mit einer so gearteten politischen Führung je den Punkt erreichen, an dem eine gemeinsame Kranzniederlegung stattfindet?“
Bis heute kein Bedauern
Vorbilder für bilaterale Aussöhnungen gäbe es ja, bemerkt Pravda:
„Es fehlt eine gegenseitige Einigung, ähnlich der von Tschechien und Deutschland aus dem Jahr 1997. Darin räumten die Deutschen ihre Mitschuld und Mitverantwortung für die Folgen der NS-Politik ein, andererseits bedauerte Tschechien die Vertreibung der Sudetendeutschen aus der Tschechoslowakei. ... Leider setzt sich auf unserer Seite nur ein Politiker seit Langem für die Versöhnung ein. Der frühere Parlamentspräsident František Mikloško entschuldigte sich 2005 persönlich bei den in der Slowakei lebenden Ungarn. Auch die Bischöfe baten um Vergebung. Doch ein aufrichtiges Bedauern beider Staaten fehlt.“