Friedensnobelpreis an Journalisten Ressa und Muratow
Zwei kritische Journalisten erhalten dieses Jahr den Friedensnobelpreis: Maria Ressa (Philippinen) und Dimitrij Muratow (Russland) stehen stellvertretend für alle, die das Ideal der Meinungsfreiheit hochhalten, in einer Welt, in der "Demokratie und Pressefreiheit zunehmend gefährdet sind", heißt es in der Würdigung des Komitees. Europas Presse freut sich, hätte sich aber teilweise noch mehr Mut gewünscht.
Anerkennung auch für die zum Schweigen Gebrachten
El Periódico de Catalunya widmet den Preis allen Journalisten, die ihre Arbeit unter Lebensgefahr verrichten:
„Die Bedingungen, unter denen Ressa und Muratow arbeiten, sind leider in vielen Regionen der Welt keine Ausnahme. Im Gegenteil: Den Überbringer der Nachricht zu vernichten, ihn unter Druck zu setzen oder die Tatsachen zu verdrehen, gehört in allen Teilen der Welt zum Alltag. ... Die Verleihung ist auch eine Anerkennung all derer, die für immer zum Schweigen gebracht wurden; der Verfolgten und Inhaftierten, die beschlossen haben, nicht zu schweigen und derer, die fest daran glauben, dass eine informierte öffentliche Meinung unerlässlich ist, um freie Gesellschaften zu konsolidieren.“
Höchste Auszeichnung für Meinungsfreiheit
Die von Muratow geführte Nowaja Gaseta holt russische Stimmen zur Entscheidung des Nobelpreiskomitees ein. Darunter die des Journalisten Sergej Parchomenko, der sich über die für die Pressefreiheit gebrochene Lanze freut:
„Der Friedensnobelpreis ist die klare und starke Botschaft, dass die Frage der Menschenrechte heute weltweit Priorität hat und die Vernichtung der Meinungsfreiheit durch totalitäre Regime eines der größten Verbrechen gegen diese Menschenrechte ist. ... Muratow hat diese Anerkennung verdient und die Nowaja Gaseta ist damit zum Symbol für journalistische Freiheit, journalistische Tapferkeit und staatsbürgerliche Würde geworden, nicht nur für Russland, sondern weltweit.“
Keine kompromisslose Opposition
Mit Muratow wird eine Persönlichkeit gewürdigt, die gegenüber dem Regime durchaus auch Kompromisse eingeht, führt der Politologe und Journalist Andrij Kulikow in Hromadske Radio aus:
„Die Nowaja Gaseta ist ohne jeden Zweifel ein Medium, in dem man in Russland Meinungen veröffentlichen kann, die nicht mit der offiziellen Linie übereinstimmen. Begleitet wird ihre Arbeit von Repressionen sowie Morden an Journalistinnen und Journalisten, die für die Nowaja Gaseta arbeiteten. Gleichzeitig sehe ich auch, dass Muratow zu einigen Schritten gezwungen ist, die seine Loyalität zum Regime bezeugen. Das heißt, er ist nicht der gleichen Meinung wie das Regime, aber er will sich auch nicht unbedingt auf eine große Konfrontation einlassen.“
Ein Preis für Nawalny wäre mutiger gewesen
Eine andere Wahl wäre ein stärkeres Zeichen für Russland gewesen, schreibt Observador:
„Mit der Preisvergabe an Muratow hat das Nobelpreiskomitee erneut auf die fehlende Presse- und Meinungsfreiheit in Russland hingewiesen. Aber es hatte nicht den Mut, Nawalny auszuzeichnen, den Oppositionsführer des außerparlamentarischen Russlands, der eine lange Gefängnisstrafe absitzt. Das hätte Putin und seine 'Kumpanen' so richtig irritiert. Apropos: 1975 sprach das Nobelpreiskomitee den Preis dem sowjetischen Wissenschaftler Andrei Sacharow zu - für dessen Kampf für Menschenrechte unter der kommunistischen Diktatur in der UdSSR.“