Portugal: Neuwahl unausweichlich?
Die sozialistische Minderheitsregierung von Premier António Costa in Portugal steht wegen eines Streits um den Haushalt 2022 vor einer Krise. Die Kommunisten und der Linksblock, die die Regierung bislang gestützt hatten, stimmten gegen den Entwurf. Staatspräsident Rebelo de Sousa hatte angekündigt, das Parlament aufzulösen, wenn die Abstimmung scheitert. Kommentatoren gehen mit der Linken hart ins Gericht.
Alle wussten, dass das nicht hält
Das lose Linksbündnis wurde zurecht "Klapperkiste" genannt, schreibt Público:
„Mit dem Ausgang der Haushaltsabstimmung hat sich die Prophezeiung bestätigt. … Sie kam wahrscheinlich schon auf, als eine sozialdemokratische Partei ein Regierungsabenteuer einging und sich auf eine orthodoxe kommunistische Partei und eine Linkspartei stützte, die uneinsichtig an ihrer Abneigung gegenüber der Marktwirtschaft und dem europäischen Liberalismus festhält. … Die Prophezeiung hat sich zu einem denkbar unpassenden Moment bewahrheitet: Während das Land gegen eine beschwerliche Pandemie kämpft, die EU-Hilfen berechtigte Hoffnungen auf einen Wandel schüren und die Regierung den Linksparteien den spendabelsten Haushalt aller Zeiten präsentiert hat. ... So musste es kommen.“
Es gibt gute Gründe zusammenzuhalten
Nun wird die rechtspopulistische Chega-Partei Aufwind haben, fürchtet Diário de Notícias:
„Eine Partei, die die Portugiesen in 'gute Menschen' und 'die Anderen' unterteilt - also jene, die die Welt und das Land nicht durch die Brille der Chega-Partei sehen. Eine Partei, die eine drastische Reduzierung der Sozialleistungen fordert und die die Privatisierung des Gesundheitssystems unterstützt, um nur eine der vielen Maßnahmen zu nennen, die sich gegen den Sozialstaat richten. Es fällt schwer zu verstehen, wieso diese Perspektive nicht als ein Klebstoff für die Sozialisten, Kommunisten und den Bloco de Esquerda funktioniert hat, damit der Haushalt 2022 zumindest in der zweiten Lesung hätte diskutiert werden können.“
Die Linke schaufelt ihr eigenes Grab
Die Entwicklungen in Portugal sind dem Egoismus der radikalen Linken geschuldet, meint auch El Mundo:
„Bei den Kommunalwahlen im vergangenen September kam es zu einer Verschiebung der Wählerstimmen von der radikalen Linken zu Costas gemäßigterem Sozialismus, und die Rechte konnte das Bürgermeisteramt von Lissabon zurückerobern, nachdem es 14 Jahre lang in den Händen der Linken lag. Jetzt fürchten [die linke Partei] Bloco de Esquerda (BE) und die Kommunistische Partei, das bisschen Macht zu verlieren, das ihnen noch geblieben ist. Das ideologische Paradoxon besteht darin, dass sie mit ihrem politischen Egoismus den Sturz einer linken Regierung zugunsten der konservativen PSD herbeiführen könnten, die in den Umfragen zurückliegt, aber positive Prognosen hat.“