32 Jahre nach der Samtenen Revolution
Tschechen und Slowaken begehen am 17. November den Jahrestag des Beginns der Samtenen Revolution, in der sie 1989 nahezu gewaltfrei das kommunistische Regime der Tschechoslowakei abstreiften, um sich Freiheit und Demokratie zu erkämpfen. Kommentatoren reflektieren, was 32 Jahre später vom damaligen Elan bleibt.
Die Zukunft selbst in die Hand nehmen
Hospodářské noviny wirft den jungen Tschechen vor, mit der erkämpften Freiheit nichts Rechtes anzufangen zu wissen:
„Diese junge Generation sucht eigene Werte, verweist auf Probleme wie die Wohnungskrise oder den geringen Anteil von Frauen in Führungspositionen. Die jungen Leute wollen aber, dass sich derartiges mehr oder weniger von selbst löst. Der höchste Grad ihrer eigenen Aktivität beschränkt sich auf Vorwürfe gegen die Alten, dem Fortschritt im Weg zu stehen. Freiheit bedeutet aber nicht, dass jemand anderes etwas für einen durchsetzt. Freiheit heißt, dass die Jungen die Möglichkeit haben, selbst etwas durchzusetzen. Das Fazit zum 17. November 2021 lautet: Wir wollten die Freiheit und haben sie. Aber wir haben noch nicht ausreichend gelernt, sie zu nutzen.“
Ohne Bürgerbeteiligung regieren die Inkompetenten
In der Slowakei sieht Pravda eine Krise der Demokratie und eine Entfremdung von gesellschaftlichen Angelegenheiten, was Demagogen Tür und Tor öffne:
„Trotz allem ist die Demokratie die menschlichste Staatsform, weil allein sie all jene in den Entscheidungsprozess einbezieht, denen die Zukunft des Landes nicht gleichgültig ist. ... Aber wenn wir nicht bereit sind, uns an der Politik zu beteiligen, werden wir natürlich von den Inkompetentesten unter uns regiert. Die Akteure vom November '89 erfüllten ihre Rolle. Heute sind wir an der Reihe, Zugehörigkeit, Vertrauen oder Toleranz zu pflegen und neue Formen der Bürgerbeteiligung zu finden. Nur so können wir Hoffnung und Demokratie ins 21. Jahrhundert bringen.“