Doping: Kamila Walijewa darf antreten - und weiter?
Weiter unter Vorbehalt: Der russische Eiskunstlauf-Star Kamila Walijewa darf in Peking trotz eines positiven Dopingtests um weiteres Olympisches Gold kämpfen. Das entschied der Internationale Sportgerichtshof (CAS) am Montag. Eine Ehrung soll es im Falle eines Sieges für die 15-Jährige allerdings nicht geben. Pressestimmen verweisen auf grundsätzliche Probleme im Umgang mit Minderjährigen im Leistungssport.
Opfer, nicht Täterin
Sme zeigt Verständnis für das Urteil über die russische Eiskunstläuferin:
„Seien wir ehrlich, es ist unwahrscheinlich, dass ein Teenager auf Tik-Tok eine Anleitung für Experimente mit dem Herzmedikament Trimetazidin findet. Der Verdacht fällt somit auf das Team, dessen Obhut man das 15-jährige Kind anvertraut hat. ... Sport-Teenager sind in Ländern, die das Sammeln von Medaillen als einen Kampf um die Macht begreifen, leicht zu finden. ... Niemandem bricht das Herz, wenn sie bei anderen Meisterschaften oder Olympischen Spielen nie wieder auftauchen, wenn sie nach kurzer Karriere psychisch und physisch gebrochen verschwinden. Dieser Zustand erinnert freilich mehr an einen Krieg mit 15-Jährigen als Kindersoldaten.“
Bahn frei für Russlands Wunderkind!
Der Schriftsteller Dmitri Bykow zeigt sich auf Echo Moskwy begeistert:
„Wie jedes Wunderkind negiert Walijewa mit ihren Vierfachsprüngen die Naturgesetze. ... Sie vollbringt Unmögliches, und das heißt: Russland bleibt Russland. Wie [der Schachgroßmeister] Joël Lautier genial formulierte: Für eine schwere Aufgabe rufe man einen Chinesen, für eine unmögliche einen Russen. Man kann an der Dopingprobe herumnörgeln, die Trainer und Ärzte beschuldigen, sogar völlig berechtigt auf Fehler verweisen - aber Walijewa jetzt zu stoppen, wäre ein schlimmerer Fehler mit unvorhersehbaren Folgen, auch politischen. Die CAS-Entscheidung wird noch kritisiert und angefochten werden, aber jetzt ist sie in Kraft - und eine jener historischen Entscheidungen, die für lange Zeit die Stimmung eines ganzen Landes heben.“
Der Sport als Gefahrenraum
Statt nun wieder eine Diskussion über Doping, fairen Wettbewerb und sauberen Sport zu führen, müsste man eigentlich über etwas ganz anderes sprechen, betont die taz:
„[Ü]ber den Sport als Gefahrenraum für Heranwachsende. Psychischer Druck, brutale Trainingsmethoden bei Heranwachsenden, die zur Folge haben können, dass die Pubertät verzögert wird, oder problematische Vertrauensverhältnisse Jugendlicher zu ihren Trainern, die in sexualisierte Gewalt münden können – das sind die Themen, denen sich der Sport stellen muss.“