Journalismus in Zeiten des Krieges
In Irpin nordwestlich von Kyjiw ist am Sonntag erstmals ein ausländischer Journalist getötet worden. Der 50-jährige US-Reporter Brent Renaud starb durch Beschuss in einem Auto, ein Kollege sowie der ukrainische Fahrer wurden verletzt. Die immer schwieriger werdende Lage für journalistische Berichterstattung über den Krieg lässt Kommentatoren über ihr Berufsbild nachdenken.
Für die Wahrheit sterben
Anlässlich des tödlichen Beschusses auf den US-Reporter Brent Renaud in der Nähe von Kyjiw schreibt Kriegsberichterstatterin Francesca Manocchi in La Stampa:
„Brent Renaud ist bei dem Versuch gestorben, näher heranzukommen, um besser sehen zu können. Denn das ist es, was ein guter Reporter tut. Er versucht, inmitten der Schatten, die durch Propaganda und Leugnen entstehen, klarer zu sehen. Ein guter Reporter nimmt die Realität der Dinge auch in den engen Lücken der Verbote und Vetos wahr. Er wagt sich weiter vor. ... Hierin liegt die Bedeutung des Wortes 'Dokumentarfilmer'. Die Arbeit, zu der wir berufen sind, immer, aber besonders in Kriegsgebieten. Dokumentieren. Andere dorthin bringen, wo sie nicht sind. Der Versuch, klar zu sehen, wo alle Beteiligten davon profitieren, das Wasser zu trüben.“
Von der Schwierigkeit, neutral zu bleiben
Jyllands-Posten macht sich Gedanken über das professionelle journalistische Vorgehen:
„Nein, auch Jyllands-Posten ist in seiner Berichterstattung über den Krieg nicht vollkommen objektiv. Im Großen und Ganzen schimmern unsere Verachtung für Putins Russland und unsere Sympathie für die kämpfenden Ukrainer durch. ... In Kriegen - auch in der Ukraine - ist es einfach schwer. ... Ein Grundprinzip muss sein, dass wir auch beruflich kritisch mit denen umgehen, mit denen wir eigentlich sympathisieren. Nur so können wir zeigen, dass die Medien tatsächlich in der Lage sind, qualifiziert über das Kriegsgeschehen zu berichten. Deshalb: Wir tun, was wir können. Aber wir geben auch zu: Es ist nicht einfach.“
Desinformationsblase zum Platzen bringen
Der Westen muss der Desinformationskampagne des Kreml mehr entgegensetzen, fordert Financial Times:
„Der Krieg sollte demokratische Staaten wie Großbritannien dazu bringen, die Kürzung der Mittel für Sendungen in anderer Sprache zu überdenken. Sie sollten zudem ernsthaft prüfen, wie Satelliten zur Übertragung von Programmen nach Russland eingesetzt werden könnten. ... Mit solchen Bemühungen wird man niemals an die Reichweite des staatlichen Fernsehens herankommen. Doch es können erste Zweifel gesät werden, die sich dann durch Mundpropaganda weiterverbreiten. All das wird dauern. Doch der Krieg hat deutlich gemacht, wie dringend notwendig es geworden ist, die Desinformationsblase des Kreml zum Platzen zu bringen.“