Russland meldet Kontrolle über Mariupol
Moskau hat die südukrainische Stadt Mariupol am Donnerstagmorgen für erobert erklärt. Kyjiw widersprach dieser Darstellung. Im Stahlwerk Asowstal sind weiterhin ukrainische Kämpfer verschanzt. Nur sehr vereinzelt können Zivilisten die seit Wochen von russischen Militärs abgeschottete Hafenstadt verlassen. Luftaufnahmen zeigen neue Massengräber. Europas Presse beschäftigt auch die Symbolkraft dieses Kriegsschauplatzes.
Symbol für sinnlosen Tod, nicht für Sieg
Der Badischen Zeitung graut bereits davor, wie Putin die Eroberung Mariupols am 9. Mai propagandistisch ausschlachten wird:
„Endlich kann er etwas vorweisen, um russischen Müttern zu erklären, wofür ihre Söhne starben. Und hier wollte die ukrainische Armee ihm trotzen. Doch nach acht mörderischen Wochen von Häuserkampf und Bombenhagel weht über den Schutthalden und Totenfeldern Mariupols die russische Fahne. Planungen für eine Siegesparade am 9. Mai laufen, es dürfte ein makabres Schauspiel werden. Wenn aber Mariupol für etwas steht in Putins sinnlosem Krieg, dann sind das Leid, Elend, Tod und Zerstörung.“
Das wird Putin nicht reichen
Mit Frieden ist weiterhin nicht zu rechnen, fürchtet Corriere della Sera:
„Das zynische Versprechen der Apologeten der Kapitulation war: Gebt Putin eine Beute und er wird aufhören. Darauf ist kein Verlass. ... Der (angebliche) Fall von Mariupol könnte eine gute Trophäe für die Parade am 9. Mai sein. Aber für die Geschichte reicht das nicht. Zehntausende tote russische Soldaten, die Schmach des gesunkenen Flaggschiffs, der erzwungene Rückzug aus dem Norden des Landes, die peinliche Leistung einer der stärksten Armeen der Welt, die politische und wirtschaftliche Isolierung Russlands - sie werden dadurch nicht aufgewogen. Nicht nachdem er einen neuen Großen Vaterländischen Krieg gegen den 'wiederauflebenden Nazismus' heraufbeschworen hatte.“