Urteil im Pariser Terrorprozess
Am Mittwochabend wurde im über neunmonatigen Prozess gegen die Attentäter der Terroranschläge in Paris im November 2015 das Urteil gesprochen. Der einzige Überlebende des Terrorkommandos erhielt die Höchststrafe: lebenslänglich ohne Option auf Haftverkürzung vor Ablauf des Strafmaßes von 30 Jahren. Wurden die hohen Erwartungen an das Gerichtsverfahren erfüllt?
Ein vorbildliches Verfahren
Le Soir lobt die französische Justiz:
„Im aktuellen Frankreich, das oft als gespalten bezeichnet wird und wo bei den jüngsten Wahlen die Gewalt des politischen Klimas zutage trat, und damit ein gewisser Verfall des republikanischen Ideals, hat der Prozess zu den Anschlägen hingegen die herausragende Reife der Justiz und all ihrer Akteure bewiesen. Einige Monate vor dem Verfahren zum Attentat in Nizza, das in den selben Räumlichkeiten stattfinden wird, aber vor allem vor dem belgischen Prozess, dem er zwangsläufig als Referenz dienen wird, ist es ein Modell, über das man reiflich nachdenken sollte.“
Keine Gruppentherapie
Mit dem Gerichtsprozess verbundene Hoffnungen in der französischen Gesellschaft waren überhöht, reflektiert Le Temps:
„Waren nicht ehr die Erwartungen fehlgeleitet, und nicht das Ergebnis des Prozesses? Erwartungen, die teils durch die Medien, teils durch PR, teils durch die Politik, teils durch die Amerikanisierung unserer Vorstellung von Gerichtsverfahren hervorgerufen wurden. Letztlich dient ein Prozess in erster Linie dazu, über die Angeklagten zu urteilen, das Gesetz in Ruhe anzuwenden. Und das ist geschehen, ohne Spannung und ohne Leidenschaft. Die Gruppentherapie hingegen muss man, zumindest teilweise, woanders suchen.“