Giorgia Meloni gibt sich in Brüssel handzahm
Auf ihrer ersten Auslandsreise als italienische Premierministerin hat Giorgia Meloni Brüssel besucht. Als Oppositionsführerin hatte sie noch auf Konfrontation mit der EU gesetzt, jetzt kündigte sie an, dass ihr Land eine größere Rolle in Europa spielen wolle. Was ist von diesen moderaten Tönen zu halten?
Für die EU kein großes Problem
Dass die erste Reise Meloni nach Brüssel geführt hat, ist für La Repubblica bedeutsam:
„Es ist eine symbolische Geste. Aber es ist eine wichtige Geste, weil sie auf eine politische Priorität hinweist. Sie reiste nicht nach Kyjiw, wohin sie ebenfalls eingeladen worden war. Sie ist nicht nach Warschau gereist, wo ihre europaskeptischen Parteifreunde regieren. ... Aus Sicht der EU ist das Meloni-Problem eigentlich ganz einfach und wurde der Premierministerin gestern unmissverständlich erklärt. Wenn sich die neue Regierung an die Reform- und Haushaltsverpflichtungen hält, die die Regierung Draghi für den Erhalt europäischer Gelder eingegangen ist, und wenn sie den Schutz der Rechtsstaatlichkeit nicht schleifen lässt, wie es ihre Freunde in Ungarn und Polen getan haben, wird alles glatt gehen.“
Europa-Feindschaft zahlt sich nicht aus
Warum Meloni sich in Brüssel als moderat präsentiert, analysiert De Morgen:
„Außer reinem politischen Pragmatismus gibt es noch einen weiteren, vielleicht noch wichtigeren Grund, warum Meloni nun einen gemäßigteren Ton anschlägt in Brüssel: Sie kann es sich schlicht nicht leisten, europäische Führer zu beleidigen. Genau wie in Belgien sprengen auch in Italien die wachsende Staatsverschuldung und das wachsende Haushaltsdefizit den Rahmen. ... Und mit einer drohenden Rezession im Hintergrund kann Italien alle europäischen Hilfen gut gebrauchen. Die Hilfe wird kommen. Das Land ist mit 200 Milliarden Euro der größte Empfänger des europäischen Corona-Erholungsfonds.“