Was bedeutet der Krieg für die Menschen in Russland?
Russland Krieg gegen die Ukraine und die darauffolgenden Sanktionen des Westens gegen russische Unternehmen, bestimmte Güter und Personen machen der russischen Wirtschaft zu schaffen, dazu kommen die Mobilmachung und immer weiterreichende Einschränkungen für Medien und NGOs. Für die Menschen im Land wird es eng, meinen Kommentatoren.
Eine Emigrationswelle wie zuletzt 1918
Wirtschaftsprofessor Konstantin Sonin ordnet auf Facebook die Flucht von geschätzt bis zu einer Million Menschen aus Russland ein:
„Eine Krise solchen Ausmaßes gab es wohl zuletzt im Jahr 1918 (für das es keine zuverlässigen Statistiken gibt). Selbst in den frühen 1990ern gab es keinen so drastischen Rückgang des Lebensstandards. Natürlich wurden die Menschen nicht nur wegen des Verlustes von Arbeit und Einkommen zu Flüchtlingen, sondern auch aus Furcht vor der Mobilmachung, weil sie nicht an einem verbrecherischen Krieg teilnehmen oder ihre Kinder nicht der Kriegspropaganda aussetzen wollten und dergleichen. Der Lebensstandard hängt nicht nur und nicht vorrangig von Arbeitsplatz und Einkommen ab.“
Verheerende Folgen auf allen Ebenen
Kirill Martynow, Chefredakteur von Nowaja Gaseta Ewropa, sieht einen Scherbenhaufen:
„Hier ist eine unvollständige Liste dessen, wie Russlands Führung in diesem Jahr ihrem eigenen Volk geschadet hat: Das russische Bildungswesen ist zerstört, führende Wissenschaftler haben das Land verlassen, der internationale akademische Austausch wurde gestoppt. ... Die Demografie ereilte ein zweiter Schlag [nach Covid]: Zehntausende junge Männern fliehen aus dem Land oder sterben an der Front. ... Hunderte ausländischer Unternehmen, deren Produkte und Dienstleistungen das Leben der Russen verbesserten, haben Russland verlassen. Russlands Medien wurden endgültig abgewürgt (da Sie diesen Text über VPN lesen, dürfte dies offensichtlich sein).“
Es gibt kein anderes Thema mehr
Putin spricht das Wort Krieg immer noch nicht aus, aber die Kommunikation ist eindeutig, erklärt La Stampa:
„Seine Neujahrsansprache wurde nicht im Kreml aufgezeichnet, sondern auf dem Kommandoposten des Militärbezirks Süd in Rostow am Don, und zum ersten Mal war der Präsident nicht allein, sondern von Soldaten umgeben, schweigend und mit ernster Miene. ... Kein Zugeständnis an die Partei-Ästhetik, keine Abschweifung zu allgemeinen Themen, kein Wunsch nach Frieden. ... Alle bisherigen Versuche des Kremls, so zu tun, als sei die Normalität durch 'schwierige und wichtige Entscheidungen' nicht im Geringsten beeinträchtigt worden, wurden aufgegeben. Der Präsident sprach das Wort, das er selbst verboten hat, nicht aus, wiederholte dann aber mehrmals 'wir kämpfen' - und ist stolz darauf.“