Russland: Gespanntes Warten auf Präsidentenrede
Die laut russischer Verfassung jährlich vorgesehene Präsidentenbotschaft vor beiden Parlamentskammern ist dieses Jahr für den 21. Februar angesetzt. 2022 war sie ausgefallen. Kommentatoren fragen sich, was Putin kurz vor dem Jahrestag seiner "militärischen Sonderoperation" in der Ukraine am 24. Februar wohl verkünden wird.
Wahre Nöte bleiben unausgesprochen
Journalist Kirill Rogow hat auf Facebook keine großen Erwartungen an die Inhalte der Rede:
„Nichts davon wird etwas mit der realen Tagesordnung zu tun haben, auf der in etwa das Folgende steht: Wie viele russische Soldaten sind bereits in diesem Krieg umgekommen? Wie viele Mobilgemachte sterben im Durchschnitt, damit die russische Armee einen Kilometer vorankommt? Wie tief steckt die russische Wirtschaft in der Scheiße? Wie konnte es dazu kommen, dass Russland ungeschickt von einem Gremium halbverrückter alter Männer geführt wird? Wie viele Leute werden noch eingesperrt, um zu beweisen, dass dieser ganze Wahnsinn notwendig und gerechtfertigt ist?“
Und wenn er plötzlich auf friedfertig macht?
Politologe Abbas Galliamow hält in einem von Echo übernommenen Telegram-Post eine überraschende Wende für möglich:
„Putin könnte in seiner Botschaft die Ziele der 'militärischen Sonderoperation' für erreicht erklären. In diesem Fall wird er einen Waffenstillstand vorschlagen. Die Ukrainer stimmen dem natürlich nicht zu, und die Kämpfe gehen weiter. Aber in dieser neuen Situation wäre das Ausbleiben von Vormärschen für die russischen 'Patrioten' nicht mehr so traumatisch wie jetzt. Und es gäbe die Chance, dass in einem halben Jahr ein Teil der einheimischen Öffentlichkeit - jener, der die Ukrainer bisher nicht für schuldig gehalten hat - vergisst, wie alles angefangen hat, und den Nachbarn die Verantwortung für das anhaltende Gemetzel auferlegt. Denn nun sind sie doch diejenigen, die sich weigern aufzuhören.“