Mentale Gesundheit Jugendlicher: Tut Spanien genug?
Der Suizidversuch eines 12-jährigen Zwillingspaars im katalonischen Sallent – mutmaßlich wegen Mobbings – erschüttert Spanien. Nach einem Sprung aus dem dritten Stock starb eines der Kinder, das andere ist schwer verletzt. Seit Ausbruch der Covid-Pandemie vermelden Behörden deutlich mehr Suizide. Für Kommentatoren wirft der Fall ein Schlaglicht auf die steigende Zahl psychischer Erkrankungen unter spanischen Jugendlichen.
Vor allem Mädchen betroffen
El País fordert deutliche Verbesserungen in der Vorsorge:
„Es gibt einen Aspekt, der im Mittelpunkt stehen sollte: Selbstmordversuche, Selbstverletzungen und andere Ausdrucksformen emotionaler Not betreffen Mädchen viel stärker als Jungen. Katalanische Beratungsstellen haben festgestellt, dass die Selbstmordversuche bei Mädchen nach der Pandemie um 195 Prozent angestiegen sind und dreimal so hoch sind wie bei Jungen. ... Die Behörden haben begonnen, Maßnahmen zu ergreifen, aber es ist klar, dass die Stellen für Vorsorge und psychische Betreuung überfordert sind. Wenn nicht drastischere Maßnahmen ergriffen werden, wird das Risiko tragischer Entscheidungen unter unseren Jugendlichen unverhältnismäßig hoch bleiben.“
Nicht alles auf das Gesundheitssystem abwälzen
Für El Periódico de Catalunya braucht es auch gesellschaftliche Veränderungen:
„Einige haben dieses Problem im Zuge der Ermittlungen im Fall der Sallent-Zwillinge entdeckt. ... Die Polizei mahnt zur Vorsicht, denn die Realität dieser Familie war sehr komplex. ... Es ist klar, dass wir unter einer Epidemie psychischer Erkrankungen bei Jugendlichen leiden und dass unser Gesundheitssystem darauf nicht vorbereitet ist. Aber es stimmt auch, dass die medizinische Versorgung der letzte Ausweg sein sollte. Vorher kommen viele Interventionsmöglichkeiten: Kultur, Erziehung in der Familie und in der Schule oder Freizeitaktivitäten. ... Ja, wir brauchen mehr öffentliche Mittel. Aber wir brauchen auch viele andere Dinge, die nicht von den Verwaltungen abhängen.“