Saudi-Arabien und Iran: Was bedeutet die Annäherung?
Die Erzrivalen Saudi-Arabien und Iran wollen ihre diplomatischen Beziehungen wieder aufnehmen und das seit Jahrzehnten zerrüttete Verhältnis normalisieren. Das erklärten Vertreter beider Länder bei einem Treffen in China. Dass ausgerechnet Peking diesen diplomatischen Durchbruch vermittelt hat und der Westen davon überrascht wurde, beschäftigt Europas Presse.
Diplomatischer Durchbruch
Večernji list sieht die Rolle Chinas gestärkt:
„Es gibt keinen Zweifel daran, dass die Wiederherstellung diplomatischer Beziehungen zwischen dem Iran und Saudi-Arabien, zweier Regionalmächte, aber auch verfeindeter Länder, ein diplomatischer Sieg Pekings ist. ... Dieser Erfolg Chinas in der Vermittlung zwischen Saudi-Arabien und dem Iran wird als diplomatischer Durchbruch Pekings im Nahen Osten gesehen und als bisher greifbarster Beweis, dass Peking bereit ist, seinen globalen Einfluss auszunutzen, um bei der Lösung ausländischer Konflikte zu helfen.“
Schlechte Nachricht für den Westen
ABC findet den Deal nicht wirklich beruhigend:
„Dank der Vermittlung Chinas, das in jüngster Zeit seine geostrategische Rolle gestärkt hat, haben Iran und Saudi-Arabien die seit 2016 unterbrochenen diplomatischen Beziehungen wieder aufgenommen. ... Dies wäre das Ende des sogenannten neuen Kalten Krieges im Nahen Osten, was auf den ersten Blick Erleichterung bringen könnte. ... Der neue 'Status quo' dieser Beziehungen muss sich jedoch in die traditionelle Nähe Saudi-Arabiens zu den USA in Einklang bringen lassen, deren Beziehungen zum Iran und zu China derzeit recht schlecht sind. Deshalb steht Washington dieser Annäherung mit Vorsicht gegenüber. ... Wenn die USA einen Partner im Nahen Osten verlieren, ist das eine schlechte Nachricht für den Westen.“
Mehr Stabilität für die Region
Die USA und Verbündete wie Israel sollten die Annäherung als Chance begreifen, meint Karar:
„Das Establishment in den USA sieht diese Entwicklung, die der Region Frieden und Ruhe bringen, die Lösung des Jemen-Problems erleichtern, den ununterbrochenen Ölfluss sicherstellen und die Energiemärkte einigermaßen stabilisieren könnte, nicht positiv. ... Aber die USA und ihre Verbündeten könnten auch den Blickwinkel ändern und die Annäherung der beiden Länder als Chance begreifen. Dies könnte ein Wendepunkt sein, der den Weg dafür bereitet, dass der Iran zu den Verhandlungen von 2015 zurückkehrt, auf Atomwaffen verzichtet und sein Volk und dessen legitime Forderungen respektiert.“
Öl- und Gasreserven fest im Blick
Il Manifesto verweist auf wirtschaftspolitische Aspekte:
„Die Chinesen haben dieses Ergebnis mit den mächtigen Hebeln ihrer Wirtschaftsdiplomatie erreicht. China ist der größte Abnehmer iranischen Öls unter westlichem Embargo und betrachtet mit großem Interesse, dass Teheran über die zweitgrößten Gasreserven der Welt verfügt: Die Offshore-Felder von South Pars, die zum Teil mit Katar geteilt werden, könnten den gesamten Jahresverbrauch Europas decken. Doch der westliche Weg für die islamische Republik scheint angesichts [der Unterdrückung] des antitheokratischen Aufstandes der Bewegung 'Frauen, Leben, Freiheit' versperrt, und so bietet sich die chinesische Seite an.“
Monopol auf dem Erdölmarkt
Analyst Cristian Unteanu kommentiert in Adevărul die Auswirkungen auf die Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec):
„Diese Vereinbarung signalisiert eine Verschiebung des Macht- und Einflusszentrums innerhalb der Opec. Dort werden wir bald oder vielleicht sofort sehen, wie sich das Paradigma der Angebote und Verhandlungen über die Öl- und Gasproduktion und der Preise verändert, sollte es tatsächlich einen funktionierenden Motor und gemeinsame Interessen zwischen den beiden Energieriesen geben. Denn sollten Iran und Saudi-Arabien kooperieren, könnten sie fast alle Vermögenswerte auf Opec-Ebene kontrollieren und eine fast absolute Monopolstellung aufbauen.“