Folgenreiche KP-Enthüllung über Litauens Präsident?
In Litauen sind Dokumente aus Zeiten der Sowjetunion an die Öffentlichkeit gelangt, die belegen, dass der parteilose Präsident Gitanas Nausėda kurz vor der Unabhängigkeit des Landes 1990 der Kommunistischen Partei angehörte. Das Präsidialamt bestätigte, dass das Staatsoberhaupt im Mai 1988 der Partei beitrat, er sei aber nicht politisch aktiv gewesen. Medien diskutieren mögliche Folgen der Enthüllung.
Bitte auf zweite Amtszeit verzichten
Nausėda sollte sich überlegen, was jetzt eine ehrenhafte Entscheidung wäre, rät der Politologe Kęstutis Girnius in Delfi:
„Wir wissen nicht, wie viele seiner Wähler sich getäuscht fühlen, wie viele ihn nicht gewählt hätten, wenn sie von seiner Mitgliedschaft gewusst hätten. Auf jeden Fall ist seine Mitgliedschaft keine Zierde, also hat er sie verschwiegen, was eine Art Täuschung war. ... Es scheint, dass es keinen Druck mehr geben wird, ihn zum Rücktritt zu zwingen. Es wird an ihm liegen zu entscheiden, was zu tun ist, was die ehrenhafteste Entscheidung wäre. Ein plötzlicher Rücktritt würde zu Unruhen führen, und das ist genau das, was Litauen im Moment nicht gebrauchen kann. Aber er könnte sich entscheiden, keine zweite Amtszeit anzustreben.“
Naive Hoffnungen
Nur wenn die Beschuldigungen schwerer werden, könnte das seine weitere Karriere beeinflussen, glaubt Lietuvos rytas:
„Nausėda ist der Partei vor allem deshalb beigetreten, weil er nach Deutschland gehen wollte, um dort zu studieren. Diese Reise wiederum bedurfte des Segens des KGB. ... Diese Geschichte wird seine Glaubwürdigkeit bei den Wählern wahrscheinlich nicht wesentlich erschüttern. Im Gegenteil, sie könnte seine Anhänger sogar noch mobilisieren. ... Wenn die Gegner des Präsidenten also hoffen, seine Position vor der nächsten Wahl erheblich zu schwächen, ist das naiv. Es sei denn, sie erwarten für die Zukunft schwerwiegendere Enthüllungen.“