SOZ-Gipfel: Wird die Organisation stärker?
Im Rahmen des am Dienstag abgehaltenen Online-Gipfels der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) ist Iran als neuntes Mitglied der von China und Russland dominierten Gruppe aufgenommen worden. Belarus unterzeichnete eine entsprechende Absichtserklärung. Stimmen aus Italien und Russland kommentieren das Potenzial der Organisation.
Avantgarde in Sachen Multipolarität
Iswestija sieht etwas Neues heranwachsen:
„Die SOZ-Staaten streben keine verstärkte Interdependenz an. Sie treffen vorsichtig, fast abtastend, Entscheidungen, die für alle gleichermaßen vorteilhaft sind, die aber nicht durch den Willen eines Staates zu wirtschaftlichen Zwangsmaßnahmen gegen andere werden können. ... Die Weltpolitik hat in den vergangenen Jahrhunderten gut gelernt, was Unipolarität und Bipolarität sind, wir kennen ihre Stärken und Schwächen. Aber wir wissen fast nichts über Multipolarität. Theoretiker sagen, sie sei mit Anarchie und endlosen zwischenstaatlichen Konflikten behaftet, weil ein Machtzentrum zur Entscheidungsfindung fehle. Die SOZ-Länder stellen diese Annahme mit ihren Bemühungen um eine Ausweitung der Kooperation infrage.“
Da könnte ein asiatisches Militärbündnis entstehen
Man sollte die SOZ nicht unterschätzen, mahnt Corriere della Sera:
„An der Tagung unter dem Vorsitz des indischen Premierministers Modi nahmen der kasachische Präsident Tokajew, der kirgisische Dschaparow, Chinas Xi, der tadschikische Rahmon, der usbekische Mirsijojew und der pakistanische Premier Sharif teil. … Unter den Beobachtern waren der belarusische Lukaschenka, der iranische Präsident Raisi und der mongolische Präsident Chürelsüch. ... Es ist dieser fast ausschließlich asiatische Teil der Welt, auf den Putin setzt, um die bipolare Ordnung aus den Angeln zu heben. … Inklusive der Aufwertung der SOZ als möglicher Kern eines neuen Militärbündnisses.“
Jede Menge interner Konflikte
Radio Kommersant FM ist skeptisch:
„Die Zukunft dieser Gemeinschaft scheint unklar. Zurzeit gehen die Interessen aller auseinander. Natürlich kann man sich weiterhin formell treffen, um Allgemeinplätze über eine erfolgreiche Zusammenarbeit auszutauschen - aber wozu? Um Amerika und den Westen zu ärgern? Vielleicht. Doch scheint es unwahrscheinlich, dass die SOZ zur Alternative zu G7, G20 oder anderen ähnlichen Vereinigungen wird. China hat zum Beispiel faktisch die ehemaligen [sowjetischen] Bruderstaaten in Zentralasien unter seine Fittiche genommen. Gleichzeitig liegt mit Indien das Land, das derzeit den Vorsitz der SOZ innehat, ernsthaft über Kreuz mit Peking, ganz zu schweigen von Pakistan.“