Afrika-Gipfel: Wie groß ist Russlands Einfluss?
Auf dem zweitägigen Russland-Afrika-Gipfel in St. Petersburg hat Putin einzelnen afrikanischen Staaten kostenlose Getreidelieferungen angeboten. Zuvor hatte Russland das Abkommen über den Export ukrainischen Getreides auslaufen lassen, was zu einer Erhöhung der Weltmarktpreise führt. Die Teilnehmer reagierten verhalten auf Moskaus Angebot und äußerten vereinzelt Kritik am Krieg gegen die Ukraine. Europas Presse zieht Bilanz.
Scheinangebote zeigen wenig Wirkung
Der Kreml dürfte von der Bilanz des Gipfels nicht begeistert sein, meint die Kleine Zeitung:
„Der Andrang war endenwollend. Die Afrikanische Union bewertete die russischen Vorschläge für Getreidelieferungen als unzureichend und fordert Waffenstillstand in der Ukraine. Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa betonte, nicht für Almosen gekommen zu sein, und will die Wiederaufnahme der ukrainischen Getreideexporte über das Schwarze Meer. Der Gefährder der globalen Ernährungssicherheit täuschte indes mit Scheinangeboten. Putin lechzt nach noch mehr Einfluss in Afrika, will den Markt kontrollieren. Der Expansionsdrang dürfte aber an Grenzen stoßen. Die Verbündeten des Kreml sind längst rar – daran änderte auch dieser Gipfel nichts.“
Afrika will sich vor keinen Wagen spannen lassen
Dass Putin mit seinen Versprechungen kaum punkten konnte, ist für den Westen zwar eine gute Nachricht, meint die Neue Zürcher Zeitung, aber:
„Grund, überheblich zu werden, ist es nicht. Denn dort, wo Russland auf dem Kontinent in den letzten Jahren an Einfluss gewonnen hat, könnte es bald Verwüstung hinterlassen. Man schaue sich Mali an, wo sich seit Ankunft der Wagner-Truppen Ende 2021 die Situation für die Zivilbevölkerung dramatisch verschlechtert hat. Und dort, wo Russland unbedeutend ist, gilt für den Westen dasselbe wie für Russland: Viele afrikanische Regierungen haben keine Lust, sich vor den einen oder den anderen geopolitischen Wagen spannen zu lassen. Auch der Westen wird künftig härter dafür arbeiten müssen, Allianzen mit den Afrikanern zu schmieden.“
Keine humanitären Motive
Mit der Geitreide-Schenkung versucht der Kremlchef, die Ukraine noch weiter vom globalen Markt zu verdrängen, schreibt das Handelsblatt:
„An Zynismus ist das kaum zu überbieten. Noch absurder wirken Putins angebliche Geschenke, wenn man bedenkt, dass sie gegen den Hunger in großen Gebieten wenig ausrichten können. In Teilen Somalias, Äthiopiens und Kenias sind mehr als 13 Millionen Menschen von akutem Hunger bedroht. Doch Äthiopien und Kenia scheinen Putin nicht zu interessieren. Ginge es ihm tatsächlich darum, den Hunger zu lindern, hätte er die Ukraine weiter exportieren lassen.“
Moskau kann punkten
Russlands Expansion in Afrika wird nicht durch historische Erinnerungen behindert, beobachtet die regierungsnahe Magyar Nemzet:
„Aufgrund der westlichen Sanktionen muss Russland nun in alle mögliche Richtungen expandieren, um Unterstützung und Einnahmen zu suchen. Einer der wichtigsten Schauplätze dafür ist Afrika, wo sich nicht mal diejenigen mit dem besten Gedächtnis daran erinnern können, dass ihr Land von sowjetischen Panzern verwüstet worden wäre. Aber viele erinnern sich an das durch den westlichen Kolonialismus verursachte Leid. Dies gibt Moskau einen Vorteil in der Region.“
Russland und Frankreich in direkter Konkurrenz
Die Demütigung Frankreichs gehört für Moskau zur Strategie, beobachtet France Inter:
„Das russische Auftreten in Afrika ärgert den Westen gewaltig, allen voran die ehemalige Kolonialmacht Frankreich. Ausgerechnet Frankreich ist in Afrika zu Russlands Zielscheibe geworden. Überall dort, wo Frankreich traditionell vertreten ist, muss es mit Russland konkurrieren oder wird von Russland gar vertrieben. Paris in Afrika zu demütigen, ist seit einigen Jahren ein beliebtes Spiel in Moskau.“