Äthiopien: Tigray-Konflikt eskaliert
Der Konflikt in der äthiopischen Region Tigray erfasst immer größere Teile des Landes. Hunderttausende flohen bereits vor Gewalt, rund 400.000 Menschen sind akut vom Hungertod bedroht. Premier Abiy Ahmed schwor die Bevölkerung gegen die Rebellen im Norden ein. Man müsse jetzt 'Opfer bringen', um das Land zu 'retten', erklärte er auf Twitter. Wie muss die internationale Staatengemeinschaft reagieren?
Friedensnobelpreisträger als Kriegstreiber
Den Wandel des äthiopischen Premiers Abiy Ahmed bedauert La Repubblica:
„Es ist erstaunlich, das Drama mitzuerleben, in dem dieser Mann sowohl Hauptdarsteller als auch Opfer ist. Vor zwei Jahren erhielt er den Nobelpreis für den Frieden und nun führt er einen erbarmungslosen Krieg, der die Zivilbevölkerung einbezieht und trifft. Innerhalb von zwei Jahren ist er von der Umarmung von Rivalen, Gegnern und potenziellen Rebellen zur militärischen Vernichtung des Gegners übergegangen; vom Anstoßen von Reformen und des Liberalismus zur Verteidigung des Staats, der seiner Meinung nach vom Zerfall bedroht ist; statt den Beifall afrikanischer und internationaler Kollegen zu hören, ist er jetzt isoliert.“
Gefährlicher Nährboden für Terrorismus
El País bangt um die Stabilität der Region:
„Äthiopien ist weltweit eines der wenigen Länder, die ihren 'Nationen, Nationalitäten und Völkern' das Recht auf Selbstbestimmung und sogar auf Abspaltung zugestehen. Aber die Tigrayan und Oromo, mit ihrem starken Nationalbewusstsein, haben sich klar gegen diesen legalen Weg entschieden und stattdessen die Waffen gegen die nationale Regierung ergriffen. Abgesehen von der tragischen Opferbilanz ist der Krieg auch ein zusätzlicher Faktor für Instabilität und Zersplitterung in dieser strategischen Region, dem Horn von Afrika, einem Nährboden für zahlreiche ethnische Guerillas und islamistischen Terrorismus.“
Druck machen, um den Hass zu überwinden
Die internationale Staatengemeinschaft muss auf Verhandlungen drängen, mahnt The Guardian:
„Abiy könnte anbieten, wichtige Dienste wie Telekommunikation und Elektrizität für Tigray wieder herzustellen sowie alles zu tun, um Hilfen zu organisieren, und dafür im Gegenzug den Stopp des Vormarschs der Tigrinya verlangen. Aber die Kommandeure Tigrays fühlen sich ermutigt und weniger denn je bereit, zu pausieren. Und Abiy scheint zu glauben, dass er wegen seiner schlechten Karten weitermachen muss. Und während die Führer sich einem Gespräch verweigern, droht der Bevölkerung eine Tragödie. ... Die [internationalen] Regierungen müssen nicht nur maximalen Druck auf die Kriegsparteien ausüben, sondern auch auf Social-Media-Plattformen einwirken, damit sie das Schüren von Hass verhindern.“