Frankreich: Zeitenwende in der Afrika-Politik?
Vor seinem Aufbruch zu einer mehrtägigen Reise nach Gabun, Angola, Kongo-Brazzaville und in die Demokratische Republik Kongo hat Frankreichs Präsident Macron eine neue Afrika-Strategie angekündigt. Die Militärpräsenz französischer Soldaten solle verringert und eine gleichberechtigte Kooperation mit früheren Kolonien angestrebt werden. Kommentatoren debattieren mögliche Folgen.
Gute Bedingungen für einen neuen Kurs
Frankreichs Afrika-Strategie ist zwar eine Herausforderung, Macron hält allerdings mehrere Trümpfe in der Hand, kommentiert Kolumnist Pierre Haski im Radiosender France Inter:
„Einer davon ist die afrikanische Diaspora in Frankreich, mithilfe derer Macron Brücken schlagen will entgegen der nationalen Zurückhaltung. 'Man muss anerkennen, dass Frankreich ein Stück afrikanisiert ist', wiederholt er: Das wird einigen in den Ohren wehtun! Ein weiterer ist die Europäisierung der Afrika-Politik und der Präsident nimmt zwei EU-Kommissare mit auf seine Reise. Europa kann heftige Reaktionen Frankreich gegenüber abschwächen und es ihm ermöglichen, einen entscheidenden Status beispielsweise für Infrastrukturprojekte zu erreichen.“
Doppelte Gefahr
La Vanguardia ist besorgt:
„Die EU sucht nach Lösungen für die neue Situation und erwägt eine mögliche Stationierung europäischer Truppen in Niger. ... Das Chaos in der Sahelzone droht auf die reicheren und stabileren Länder des Golfs von Guinea überzugreifen, wie die Elfenbeinküste. ... Vom Süden geht eine doppelte Gefahr aus. Zum einen die wachsende Präsenz dschihadistischer Organisationen, die die Sahelzone als Basis für terroristische Aktionen in Südeuropa nutzen können. Zum anderen die zunehmende Abhängigkeit der Länder der Region von der Unterstützung der Wagner-Gruppe - und damit Russlands.“
Frankreich und die Ex-Kolonien brauchen einander
Frankreich und Afrika sind aufeinander angewiesen, glaubt Le Figaro:
„Als unermüdlicher Sisyphos beschäftigt sich Macron immer wieder mit der Afrika-Frage. Seine Diagnose ist eindeutig: Frankreich kann sich nicht selbst von einem Kontinent ausschließen, der eine große Zukunft vor sich hat - und wenn es bleiben will, muss es sein Vorgehen ändern. Eines Tages werden die Afrikaner verstehen, dass ihre Gegner eigentlich die russischen Söldner und die chinesischen Investoren sind, viel mehr als die einstigen europäischen Kolonialherren. Wie lange brauchen sie, um das zu begreifen?“