Angriff auf russischen Militärflughafen in Pskow
Mehrere russische Orte wurden in den vergangenen Tagen von Drohnen angegriffen. Eine Attacke findet in den Medien besondere Aufmerksamkeit: Rund 700 Kilometer von der Ukraine, aber weniger als 50 Kilometer von Estland entfernt zerstörten Drohnen in Pskow Teile eines Militärflughafens. Der russischen Nachrichtenagentur Tass zufolge wurden dabei vier Militärtransportflugzeuge des Typs II-76 beschädigt. Was bedeutet das?
Große Wirkung innen und außen
Die Angriffe auf russisches Territorium stellen eine neue Wendung im Krieg dar, analysiert der Militär Kirilo Sasonow auf seiner Facebook-Seite:
„Die Ukraine beginnt, den Feind von innen heraus zu zerstören, indem sie ihm dort verheerende Schläge zufügt, wo man es nicht erwartet - an bestimmten Objekten im Hinterland, die für die Kampffähigkeit der russischen Armee in der Ukraine wichtig sind. ... Neben der unmittelbaren militärischen Bedeutung dieser Schläge sind sie auch von großer psychologischer Bedeutung: für die Welt, der die Schwäche der 'unbesiegbaren' Russen deutlich vor Augen geführt wird, und für das russische Volk, auf das ein 24. Februar zukommt.“
Ein beträchtlicher Störeffekt
Warum die Wirkung über die Zerstörung einzelner Flugzeuge hinausgeht, erklärt Videoblogger Maxim Katz auf Echo:
„Nach jedem Angriff auf einen russischen Flugplatz werden alle Flugzeuge sofort von dort wegverlegt. Nach ein paar Tagen treffen frische Satellitenbilder ein, die statt eines Militärstützpunkts nur nackten Beton zeigen. ... Eine Verlegung ist nur scheinbar einfach: Die Flugzeuge starten von einer Landebahn und landen auf einer anderen, eine Sache von ein paar Stunden. Aber mit den Flugzeugen müssen Piloten, Ersatzteile, Wartungspersonal und sogar Munitionsdepots verlegt werden. ... Und was tun die russischen Flugzeuge währenddessen nicht? Sie starten keine Raketen, werfen keine Bomben ab und transportieren keine militärische Fracht.“
Moskau in Erklärungsnot
Auf die Frage, von wo der Angriff gestartet wurde, gibt es aus russischer Sicht nur peinliche Antworten, erklärt der ukrainische Ex-Abgeordnete Borislaw Beresa in NV:
„Gibt man zu, die Drohnen kämen aus der Ukraine, würde dies bedeuten, dass wir über eine Technologie verfügen, mit der wir weite Teile Russlands überfliegen können. ... Nimmt man hingegen an, die Drohnen seien vom Hoheitsgebiet von EU-Ländern aus gestartet, die ja Nato-Mitglieder sind, müsste man wohl der Nato den Krieg erklären. ... Oder die Drohnen starteten auf russischem Gebiet. Dies würde bedeuten, dass die russische Führung und die Geheimdienste die Grenzen, das Territorium und überhaupt alles, was in Russland geschieht, nicht unter Kontrolle haben.“
Auf Estland könnte ein falscher Verdacht fallen
Da der Angriff dicht an der estnischen Grenze erfolgte, muss man auf mögliche Fehleinschätzungen in Russland gefasst sein, betont Postimees:
„Natürlich ist der Verteidigungserfolg der Ukraine ein Grund zum Feiern. Aber er birgt auch die Gefahr einer Fehlkalkulation. Wird ein Flughafen nachts angegriffen, wachen die Soldaten nicht mit dem Wissen auf: Ach, schon wieder die Ukrainer! Explosionen in der Dunkelheit erzeugen einen Zustand der Konfusion und die Dringlichkeit eines schnellen Gegenangriffs gegen einen tatsächlichen oder imaginären Gegner. Dies kann eine falsche Zielwahl und einen direkten Kampfkontakt bedeuten. Auf mögliche Fehleinschätzungen jenseits unserer Grenzen müssen wir vorbereitet sein.“