Türkei: Machtwechsel bei größter Oppositionspartei
Nach 13 Jahren ist Kemal Kılıçdaroğlu nicht mehr Vorsitzender der kemalistischen CHP. Der 74-Jährige hatte im Mai die Stichwahl um das Präsidentenamt gegen Recep Tayyip Erdoğan verloren. Auf dem CHP-Parteitag unterlag er nun dem 49-jährigen bisherigen Fraktionschef Özgür Özel, den vor allem jüngere Delegierte unterstützten. Für Kommentatoren ist der Generationenwechsel überfällig, aber noch nicht genug.
Zeit für eine Ära der Gewinner
Für Kılıçdaroğlu war die Niederlage im Präsidentschaftsrennen die eine zu viel, kommentiert T24:
„Kılıçdaroğlu, der trotz all seiner Wahlniederlagen immer im Amt blieb, der bei den historisch bedeutsamen Wahlen vom 14. Mai zum ersten Mal für das Präsidentenamt kandidierte und verlor und der beschuldigt wurde, eine rechtsgerichtete Politik zu verfolgen, hat - so seltsam offenbart sich das Schicksal eben - auch den Parteivorsitz im zweiten Wahlgang verloren. Für Kılıçdaroğlu war das Jahr 2023 ein Jahr der Stichwahlniederlagen. ... Zum ersten Mal seit 1972 hat ein amtierender CHP-Vorsitzender die Wahl auf dem Parteitag verloren. Das ist der Beginn einer neuen Ära in der größten Oppositionspartei.“
Entscheidend ist das Gespür fürs Volk
Wenn der neue Parteichef für wahren Wandel sorgen will, muss er mehr auf die Wähler hören als bisherige CHP-Vorsitzende, kommentiert Karar:
„CHP ist der Name der Partei, die seit ihrer Gründung die Frage 'Soll ich so sein wie das Volk oder soll das Volk so sein wie ich' mit 'Das Volk soll so sein wie ich' beantwortet hat. Die wirkliche Veränderung wird an dem Tag eintreten, an dem sich diese Antwort ändert, nicht vorher. Ja, vielleicht war die CHP vor 100 Jahren die 'bahnbrechende revolutionäre Partei des Volkes', aber heute ist das nicht mehr so, wir leben in einem Land, in dem es nicht möglich ist, Politik zu machen, ohne zu wissen, was das Volk will. Vielleicht entscheidet sich die CHP dafür, zum ersten Mal auf das Volk zu hören.“