Russland: Sieben Jahre Haft für Antikriegs-Zettel
In St. Petersburg ist die Künstlerin und bekennende Pazifistin Sascha Skotschilenko zu sieben Jahren Haft verurteilt worden - wegen der "Verbreitung von Falschinformationen über den Einsatz der russischen Armee in der Ukraine". Sie sitzt bereits seit eineinhalb Jahren in U-Haft. Ihr "Vergehen" besteht darin, dass sie in einem Supermarkt fünf Preisschilder gegen Etiketten mit Antikriegsbotschaften ausgetauschte.
Das Gesicht des innerrussischen Widerstands
Das Regime fürchtet nichts mehr als die Wahrheit, schreibt der im Exil lebende Oppositionelle Dmitri Gudkow in einem von Echo übernommenen Telegram-Post:
„Sascha ist zum Gesicht des russischen Widerstands geworden. Sie ist die Antwort auf die Anschuldigung einer kollektiven Verantwortung [aller Russen am Krieg]. ... Übrigens gab Gladyschew, dieser Schurke von Staatsanwalt, zu, dass Sascha die Wahrheit auf ihre Preisschilder geschrieben hatte. Und er sagte, ihre Schuld liege nicht in Fakes, sondern im Säen von Panik. Sie sprach von der Zahl der Leichen, die Putin Russland für die nächsten Jahrzehnte beschert habe. Es ist die Wahrheit, was diese Schurken fürchten und was sie bekämpfen.“
Kreativer Protest bedeutet Kontrollverlust
Politologe Abbas Galliamow hat auf Facebook eine Erklärung, warum der Staat so hart auf die kleine Protestaktion reagiert:
„Nur auf den ersten Blick scheinen Antikriegsparolen auf Preisschildern unbedeutend. Tatsächlich ist dies eine sehr kreative Lösung, mit der Sascha die Politik in ein prinzipiell neues und zuvor für sie unzugängliches Umfeld bringen konnte - das des Alltagskonsums. Zwar hat sie das nur im Rahmen eines einzigen Geschäfts getan, aber die Idee erschien den Behörden so gefährlich, dass sie beschlossen, sie mit der Wurzel auszureißen. ... Was die Behörden am meisten fürchten, ist Kreativität und Politisierung. Da geht der Durchschnittsbürger Milch kaufen - und im Laden ist Politik. Zudem behördlich unkontrolliert. Das ist die Art von Dingen, die Revolutionen vorausgehen.“