Slowakei: Was bedeutet die Wahl von Pellegrini?
Peter Pellegrini wird Präsident der Slowakei. Der Sozialdemokrat, der den russlandfreundlichen Kurs der Fico-Regierung unterstützt, gewann die Stichwahl am Samstag mit über sechs Prozentpunkten Vorsprung zum Kandidaten des prowestlichen liberalen Lagers Ivan Korčok. Europas Presse befürchtet eine neue Allianz.
Angst vor Kriegsbeteiligung geschürt
Pellegrini hat die Wahl mit einem einzigen Thema gewonnen, resümiert Deník:
„'Ich werde keinen einzigen slowakischen Soldaten in die Ukraine schicken', schrieb Pellegrini als Slogan auf seine Werbetafeln. … Pellegrini brauchte nur diese Beschwörungsformel. ... Dass er 'ein Präsident des Friedens sein wird, nicht des Kriegs'. In der Slowakei ist der Einfluss prorussischer Desinformation um eine Größenordnung höher als in Tschechien. Es gibt sogar eine bedeutende Bevölkerungsgruppe, die den Aggressor Russland und nicht die überfallene Ukraine unterstützt. Deshalb hat diese einfache Formel gereicht.“
Slowaken driften von den Tschechen weg
Die Angst, in den Krieg hineingezogen zu werden, führt die Slowakei immer weiter weg von Tschechien, glaubt Denník N:
„Wir nähern uns Ungarn, wo dieses Narrativ Orbán bei der dortigen Parlamentswahl zum Erfolg verholfen hat. Das Bündnis slowakischer und ungarischer Nationalisten verdeutlicht, dass im Hintergrund nicht einmal ein Hauch von echtem Patriotismus, sondern eine gemeinsame Neigung zum Autoritarismus zu erkennen ist. Es zeigt sich, dass das Erbe Ungarns historisch gesehen stärker verwurzelt ist als der prägende Einfluss der Ersten Tschechoslowakischen Republik [1918 bis 1938] und die kurzen zwei Jahre des gemeinsamen Aufbaus der Demokratie nach dem Sturz des kommunistischen Regimes.“
Es bahnt sich ein neues Bündnis an
20 Jahre nach dem EU-Beitritt wendet sich das Land wieder dem Osten zu, fürchtet die Süddeutsche Zeitung:
„[H]in zu Nato-feindlicher Rhetorik und Putin-Bewunderung. Der Bruch mit Tschechien, der sich seit dem vierten Amtsantritt des linkspopulistischen Ministerpräsidenten Robert Fico im Oktober in Raten vollzogen hatte, ist nun perfekt. Weder die tschechische Regierung noch der tschechische Präsident finden in Bratislava noch Partner. Stattdessen unterstützte der frühere tschechische Premier Andrej Babiš, Populist und schwerreicher Unternehmer, den künftigen Präsidenten. Babiš hat gute Aussichten, im Herbst 2025 nochmals die Regierung in Prag zu erobern. Da bahnt sich eine neue Allianz an, angeführt von Viktor Orbán in Budapest.“
Auf eine Kehrtwende hoffen
Nur durch einen Kurswechsel Pellegrinis könnte die Demokratie verteidigt werden, meint Új Szó:
„Die Würfel sind gefallen. ... Die Dampfwalze von Fico kann weiter walzen. Möglicherweise werden sie bald auch das Verfassungsgericht übernehmen. ... Oder wird Pellegrini fähig sein, eine solche Kehrtwende zu machen wie vor zwei Jahrzehnten [der erste Präsident der Slowakei] Michal Kováč, der eine Weile lang [dem ersten frei gewählten Premier] Mečiar diente? Gerade deshalb wurde er im Parlament zum Staatsoberhaupt gewählt. Aber dann hatte er den Mut und den Charakter, sich wegen Mečiars diktatorischer Methoden gegen diesen zu stellen.“
Für Putin war nichts zu gewinnen
Politologe Wadim Truchatschow betrachtet in Iswestija das Wahlergebnis aus Kreml-Perspektive:
„Pellegrini ist ideologisch mit dem Regierungschef [Fico] uneins. So unterstützt er beispielsweise voll und ganz die antirussischen Sanktionen. Zwar bezweifelt er auch die Notwendigkeit unentgeltlicher Militärhilfe für die Ukraine, aber er ist bereit, Waffen zu verkaufen. Er wird also ein Gegengewicht zum Premier bilden - wenn auch in weitaus geringerem Maße als Korčok dies getan hätte. Daher war das wichtigste Ergebnis der slowakischen Präsidentschaftswahl für Russland schon vorab klar. Bei allen Unterschieden zwischen dem 'rechten' Korčok und dem 'linken' Pellegrini gab es bei ihnen eine grundlegende Gemeinsamkeit: Beide verurteilen die russische Politik der letzten zehn Jahre.“