Wie Spanien Europameister wurde
Nach Spaniens 2:1-Sieg gegen England im Finale der Fußball-EM in Deutschland analysiert Europas Presse die Faktoren, die diesen Erfolg ermöglicht haben. Dabei richtet sie ihren Blick nicht nur auf das rein Sportliche.
Die Regionen hielten zusammen
Für die Süddeutsche Zeitung steht das Siegerteam auch für das, was Spanien heute ausmacht:
„Diese mit der Selbstverständlichkeit eines biologischen Organismus kooperierende Mannschaft bewies, was Spaniens Politiker oft einfordern, ohne es selbst vorzuleben: convivencia, ein gelungenes Miteinander. Das tat sie nicht nur, indem sie vorführte, dass das Land ohne Migration nicht so wäre, wie es ist. Es gab auch einen innenpolitischen Subtext: Williams spielt für Bilbao im Baskenland, Yamal für Barcelona in Katalonien, Carvajal für Real Madrid. Hier hielt zusammen, was politisch so oft zu Zwist führt: die Regionen mit separatistischen Fliehkräften und das kastilische Stammland. Am Sonntag war alles España.“
Vorbildliche Talentschmiede
Spaniens Erfolge im Spitzensport kommen nicht von ungefähr, beobachtet The Times:
„Das iberische Königreich leidet zwar unter einer dysfunktionalen Politik und hoher Arbeitslosigkeit, aber es weiß, wie man Fußballer heranbildet: Man erkennt Talente früh, schätzt Intelligenz hoch ein und führt sie vom Jugend- zum Erwachsenenfußball, während man gleichzeitig sicherstellt, dass die Bildung nicht zu kurz kommt. ... Der Glaube, dass große Spieler nicht einfach geboren, sondern herangebildet werden, findet sich auch in anderen Sportarten. Carlos Alcaraz' Triumph im Herreneinzel in Wimbledon ein paar Stunden vor Spaniens EM-Sieg bezeugte eindrucksvoll ein System, das es ihm ermöglichte, schon als Vierjähriger Tennisbälle zu servieren.“
Integration siegt über Rassismus
El País ist begeistert:
„Es war zweifelsohne Spaniens Europameisterschaft: Das Team setzte einen weltweiten Maßstab für modernen, mutigen und spannenden Fußball. ... Lamine Yamal, 17, und Nico Williams, 22, verliehen dem Spiel Schwung und fesselten auch ein junges Publikum. Die beiden zeigten auch die Widersprüche der rechtsextremen Parteien in der Debatte über die Einwanderung und den immer weiter verbreiteten Rassismus in Europa auf. ... Integration siegte über Sektierertum, auch in der Spielweise, die weder mit der Wut der Vergangenheit noch mit jüngsten Stil- oder Ego-Allüren zu tun hatte. Stattdessen wurden die Eigenheiten der Fußballer respektiert und Teamwork gefördert. ... Das war solidarischer Fußball.“