Wie hat sich Deutschland als EM-Gastgeber geschlagen?
Einen Monat dauerte die Fußball-EM in Deutschland. Zeit genug, um sich von der besten Seite zu zeigen. Dennoch lief nicht alles reibungslos. Wegen der verspäteten Bahn fiel gar eine Pressekonferenz der Niederländer vor dem Halbfinale gegen England aus. Die europäische Presse zieht Bilanz.
Vorsprung durch Technik war einmal
Kolumnistin Melanie McDonagh klagt in The Daily Telegraph von allerlei Schwierigkeiten, mit denen Besucher zu kämpfen hatten:
„Die EM hat uns eines gezeigt: Deutschland ist nicht so großartig, wie es immer dargestellt wird. Fans, die durch das Land zu den Spielen reisten, staunten nicht über beeindruckende Denkmäler der deutschen Geschichte - vor allem in Berlin -, sondern über unpünktliche Züge. Jeder zweite Zug ist betroffen. Der Handyempfang ist seltsam lückenhaft. Kartenzahlungen funktionieren nicht immer. ... Das Positive an all dem ist, dass wir das nächste Mal, wenn wir die mystischen Worte 'Vorsprung durch Technik' hören, das getrost als Schwachsinn abtun können.“
Ein Fest der Fankultur
Für den Deutschlandfunk war die EM das Turnier der Fans:
„[S]ie haben farblich und stimmlich das Bild geprägt und viele Städte und Arenen vier Wochen lang zu besonderen Orten gemacht. Es war wie ein Comeback der Fankultur nach zwei sehr schwierigen Turnieren zuvor. Nach einer EM vor drei Jahren, die unter Pandemie-Bedingungen litt und darunter, dass die UEFA es für eine tolle Idee hielt, das Turnier in elf Ländern auszutragen. Und: noch mehr nach der WM in Katar, bei der bezahlte sogenannte 'Fans' die Stadien füllen sollten. Mit echter Stimmung und Fankultur hatte die WM in Katar so wenig zu tun, wie Schneemänner in der Wüste zu finden sind ... Die EM in Deutschland war das genaue Gegenteil: ein Fest der Fankultur.“
Geringschätzung für Polen ist fehl am Platz
Aus polnischer Sicht konnte die EM das Ansehen Deutschlands in Polen nicht verbessern, da die Ereignisse der letzten Tage die Abneigung noch verstärkt haben, meint Rzeczpospolita:
„Was hat in der polnischen Öffentlichkeit die stärksten Emotionen geweckt? Die deutschen Pushbacks von Immigranten, die in Polizeiautos [nach Polen] gefahren wurden; der Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz, dessen Vorschläge für Reparationen man schwerlich als etwas anderes als Geringschätzung für Polen ansehen kann. ... Es ist schwierig, die Deutschen in Polen zu mögen, zumal sie es uns selbst nicht leicht machen. Sie sparen an symbolischen Gesten, verbünden sich regelmäßig mit Russland und erinnern uns ständig daran, dass unser Platz irgendwo in der zweiten Reihe ist.“