Fall Pelicot: Welche Folgen hat der Prozess?
Im Vergewaltigungsprozess in Avignon hat die Staatsanwaltschaft die Höchststrafe für den Hauptangeklagten Dominique Pelicot gefordert. Das Urteil soll im Dezember fallen. Die Klägerin Gisèle Pelicot, von vielen als Heldin gefeiert, hatte verlangt, dass öffentlich verhandelt wird und auch die Videoaufzeichnungen der Taten gezeigt werden. Die Schockwellen gehen über Frankreich hinaus, wie der Blick in die Presse zeigt.
Scham und Verantwortung müssen die Seite wechseln
In der französischen Nationalversammlung wird zeitgleich über die Verschärfung des Strafrechts für Sexualdelikte debattiert. Der Standard hofft auf eine echte Wende:
„Während Zahlen sexualisierter Gewalt unter Einfluss von K.-o.-Tropfen steigen, wird der Tatbestand der Vergewaltigung vor Gericht immer noch häufig als nicht gegeben angesehen, weil noch immer zu sehr das Verhalten der Opfer in den Blick genommen wird. ... Bei Vergewaltigungsvorwürfen steht oft Aussage gegen Aussage, aber Druck und Verantwortung, eine Abwehr glaubhaft zu machen, lasten aufseiten des Opfers. Eine Regelung unter dem Prinzip 'Ja heißt Ja' würde einen Perspektivenwechsel bringen. 'Die Scham muss die Seite wechseln', forderte auch Gisèle Pelicot. Die Verantwortung auch.“
Den Schmerz der Heldin nicht verschweigen
Die taz warnt davor, von Gisèle Pelicot nur das Bild einer mutigen Heldin zu zeichnen:
„[D]ieser Mut hat einen Preis. Gisèle Pelicot zahlt ihn allein. 'Wenn man mich so sieht, denkt man: Diese Frau ist stark', sagte sie vor Gericht. 'Aber in meinem Inneren ist ein Trümmerfeld.' ... Europa und die Welt befinden sich mitten in einem antifeministischen Vormarsch, die Gewalt gegen Frauen spitzt sich zu. Frauenrechtlerinnen scheinen jetzt endlich eine Gegenerzählung zu wollen, ein Symbol des Zurückschlagens. Aber sie verschweigen eine zentrale Realität des Überlebens: den Schmerz. Wenn Pelicot damit genauso offensiv umgeht wie mit ihrem Kampf vor Gericht, sollten ihre Unterstützerinnen das auch tun. Anders werden sie dieser außergewöhnlichen Frau schlicht nicht gerecht.“