Rumänische Präsidentschaftswahl wird neu ausgezählt
Rumäniens Verfassungsgericht hat am Donnerstag entschieden, dass die vom rechtsradikalen Călin Georgescu gewonnene erste Runde der Präsidentschaftswahl neu ausgezählt wird. Hintergrund ist die Beschwerde eines ausgeschiedenen Kandidaten. Bereits am heutigen Freitag tritt das Gericht erneut zusammen, um über eine mögliche Annullierung zu entscheiden. Die Parlamentswahl am Sonntag soll wie geplant durchgeführt werden.
Das lenkt nur von der eigentlichen Krise ab
Bei Contributors kritisiert der EU-Wahlbeobachter Constantin Mârza die Neuauszählung heftig:
„Mit Ausnahme der beiden Politiker, die die Beschwerden eingereicht haben, und der neun Verfassungsrichter hat absolut niemand an der Glaubwürdigkeit des Votums vom Sonntag gezweifelt – weder die Wähler, noch andere Kandidaten, noch die Parteien. Wir müssen verstehen, dass wir gerade in einer politischen Krise stecken, nicht in einer Wahlaustragungskrise. Politische Krisen lassen sich nicht mit Formalitäten lösen. Es ist verlockend zu glauben, dass eine Neuauszählung der Stimmen das Problem löst. Aber das wird die Krise im Gegenteil noch verstärken. ... Der Wahlprozess muss weitergehen, so unvollkommen er auch sein mag.“
Ins Chaos gestoßen
Cristian Tudor Popescu, Gründer von republica.ro, vermutet, mit der Neuauszählung sollte der knapp gescheiterte Marcel Ciolacu in die Stichwahl gehievt werden – wobei der Premier am Donnerstagabend erklärte, nicht mehr antreten zu wollen:
„Mit Ciolacu in der Stichwahl würde Călin Georgescu problemlos gewinnen. Elena Lasconi dagegen könnte Georgescu bezwingen. Deshalb wollen all jene Kräfte sie ausschalten, denen es um eine Destabilisierung Rumäniens geht und die das Land aus dem Schutzschirm der Nato und der EU drängen wollen. Das Verfassungsgericht schubst den rumänischen Staat mit seinem Urteil kräftig ins Chaos.“
Das Parlament könnte Georgescu im Zaum halten
Selbst ein rechtsextremer Präsident kann Rumäniens außenpolitische Ausrichtung nur beschränkt verändern, glaubt Élet és irodalom:
„Besorgniserregend ist es, dass Außenpolitik, Verteidigung und Katastrophenschutz in erster Linie in die Zuständigkeit des Präsidenten fallen. Eine starke Vertretung von Rechtsextremen ist [jedoch] in keiner der beiden Parlamentskammern zu erwarten. ... So könnten die Parteien Georgescu sogar suspendieren, wenn er anfängt, allzu unangenehme Dinge zu tun - zum Beispiel, wenn er Putin trifft. ... Die rumänische Politik ist derzeit instabil, aber davon, dass rechtsextremer Populismus die EU- und Nato-Mitgliedschaft in Gefahr bringt, scheinen wir noch immer weit entfernt.“