USA diskutieren Waffenlieferungen an Kiew
Washington hat am Montag auf Berichte der New York Times reagiert, wonach die USA Waffenlieferungen an Kiew erwägen. Laut einem Berater Obamas soll es diese "in naher Zukunft" nicht geben. Die USA und Europa müssen Kiew aufrüsten, fordern einige Kommentatoren. Andere warnen, dass Waffen aus dem Westen für Russland ein willkommener Anlass wären, sich in der Ostukraine noch aggressiver einzumischen.
Ohne Waffenlieferungen spitzt sich Krieg zu
Völlig unverständlich findet die konservative Tagesezeitung Rzeczpospolita die Argumentation derer, die sich nach wie vor gegen Waffenlieferungen an die Ukraine aussprechen: "Der Krieg wird so nicht nur nicht beendet, sondern nimmt sogar noch an Schärfe zu. Sich vor der Realität zu verschließen, bringt nicht allzu viel. Die Diplomaten zeigen sich doch schon seit Monaten ratlos. Zudem sieht es überhaupt nicht danach aus, dass die von Russland unterstützten Separatisten die Demarkationslinie respektieren, die im Protokoll von Minsk vom September 2014 festgelegt worden ist. ... Dieser Konflikt wird weiter andauern, weil der Kreml noch nicht sein Ziel erreicht hat, die Ukraine zu unterwerfen. ... Gegen die Ukraine wurde übrigens auch kein Embargo verhängt. Deswegen gibt es auch rechtlich keine Hürden, um ihr Waffen zu verkaufen."
Europa verkennt Gefahren in der Ukraine
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat am Montag Waffenlieferungen an die Ukraine ausgeschlossen. Die liberale Tageszeitung Mladá fronta Dnes bedauert dies: "Glücklicherweise sickern Informationen durch, denen zufolge die Amerikaner ihre Einstellung überdenken. Am Donnerstag reist Außenminister John Kerry nach Kiew. Wir werden also möglicherweise schon bald wissen, was an diesen Nachrichten dran ist. Für die Variante, die Ukraine ihrem Schicksal zu überlassen, spricht, dass man sich nicht in einen Konflikt hineinziehen lassen will, der nicht anderes wäre als ein Stellvertreterkrieg zwischen dem Westen und Russland. Denn damit, so heißt es, würden wir in die Zeit des Kalten Krieges zurückkehren. Und Gott weiß, wie das ausgehen wird. Wir haben andere Sorgen, als gegen den Eroberer Putin zu Felde zu ziehen. Und doch ist die Haltung von Angela Merkel kurzsichtig und eine traurige Nachricht aus Europa. Wir erkennen nicht die Gefahr und wir können nicht mit ihr umgehen."
Russland keinen Vorwand für Aggression bieten
Waffenlieferungen an die Ukraine sind kontraproduktiv für jegliche Lösung des Konflikts, fürchtet die liberale Tageszeitung Kaleva: "Eine Waffenhilfe der USA würde Russland lediglich einen guten Vorwand bieten, um sich noch aktiver an den Kriegshandlungen zu beteiligen. ... Der Konflikt, der im April begonnen und sich zu einem Krieg in der Ostukraine ausgeweitet hat, hat laut UN schon über 5000 Todesopfer gefordert, rund 900.000 Menschen mussten fliehen. Schon jetzt ist der Preis für den Krieg zu hoch, sodass die internationale Gemeinschaft ihre Anstrengungen für eine Beendigung der Kampfhandlungen verstärken muss. Die Ostukraine benötigt jetzt alles andere als weitere Waffen und je länger der Krieg dauert, desto schwieriger wird es, eine Lösung zu finden."
Waffen wirksamer als Sanktionen?
Militärhilfe für die Ukraine birgt die Chance, die Verluste auf der Seite Kiews zu vermindern, meint die konservative Tageszeitung Die Presse. Fraglich bleibe jedoch, ob damit der Krieg beendet wird: "Kiews heruntergewirtschaftete Armee kämpft verlustreich gegen eine Hybridmaschinerie, deren Software aus lokalen Bewaffneten und einer Hardware besteht, die auf dem neuesten Stand ist und aus Russland herangeschafft wird. Schätzungen reichen von 1000 Mann auf Führungs- und Planungsebene (Nato) bis hin zu 10.000 russischen Soldaten (Kiews Angaben). Tatsächlich mangelt es der Armee vor allem an 'intelligenter' Ausrüstung: Die geplante Ausstattung mit Militärtechnik - Radar, das Artillerie- und Raketenstellungen orten kann, und Drohnen - sollte dabei Priorität vor tödlichen Waffen haben. Die entscheidende Frage ist freilich: Können Waffen bewirken, was Sanktionen beim Kreml bisher nicht bewirkt haben? Eine Verhaltensänderung Wladimir Putins nämlich, der angesichts des gestiegenen Risikos und der finanziellen Kosten zum Umdenken gezwungen werden soll?"