Russland verhängt Einreiseverbote
Moskau führt laut Angaben der niederländischen Regierung eine Liste mit den Namen von europäischen Politikern, denen die Einreise nach Russland verwehrt wird. Premier Mark Rutte verurteilte die Einreiseverbote als völkerrechtswidrig, andere Regierungen schlossen sich seiner Kritik an. Die Affäre zeigt, wie unberechenbar Moskau ist, meinen einige Kommentatoren. Andere wundern sich über die empörten Reaktionen in ganz Europa.
Moskau ist politisch unberechenbar
Die Liste mit Namen von Personen, denen die Einreise nach Russland verwehrt wird, zeigt, wie unterschiedlich Russland und die EU ticken, meint das öffentlich-rechtliche Deutschlandradio Kultur: "Die EU hat ihre Sanktionsliste gegen russische und ukrainische Unternehmer und Politiker jedes Mal sofort veröffentlicht. Die Betroffenen wussten also, was sie erwartet. Und es gibt einen kausalen Zusammenhang zwischen den sanktionierten Personen und ihrer Rolle im Ukraine-Konflikt. Ganz anders die russische Vorgehensweise: Nicht immer erschließt sich, warum ein Name auf der Liste auftaucht. Und warum diese Liste gerade jetzt publik gemacht wird. ... Ende Juni müssen die 28 Staats- und Regierungschefs [der EU] deshalb bei ihrem nächsten Gipfeltreffen in Brüssel ein deutliches Zeichen setzen: die zeitliche Verlängerung der bestehenden Wirtschaftssanktionen gegen Russland. Es geht um politische Berechenbarkeit. Genau das also, was die russische Führung immer wieder so schmerzlich vermissen lässt."
Überhitzte Reaktionen auf beiden Seiten
Die Affäre um die russischen Einreiseverbote für europäische Politiker kennzeichnet die neue Beziehung Europas mit Russland, analysiert die christlich-soziale Tageszeitung Trouw: "Der Begriff kalter Krieg wurde in diesem Zusammenhang häufiger genannt. Aber die Geschichte wiederholt sich nicht. Es kann keine Rede von einer Angst vor dem Kommunismus sein. Und die Beziehung ist nicht kalt, sondern eher überhitzt. Anders als früher, sind Russland und Europa wirtschaftlich eng miteinander verzahnt. Zwischen beiden gibt es seit fast drei Jahrzehnten einen intensiven Verkehr, auch von Politikern. Für Brüssel bedeutet das ein kompliziertes Lavieren zwischen harter und weicher Linie. ... Der Dialog mit Moskau muss weiter laufen. ... Darüber hinaus sind Affären wie diese ein extra Ansporn, um die Abhängigkeit Europas vom russischen Gas dringend zu verringern."
Jetzt kommt der Bumerang zurück
Russlands Einreiseverbote für 89 europäische Politiker sind eine völlig normale Reaktion auf dieselbe Maßnahme seitens der EU gegenüber Russen, meint die prorussische Tageszeitung Duma: “In der Diplomatie spielt das Prinzip der Gegenseitigkeit eine wichtige Rolle. Eröffnet ein Land eine Botschaft in einem anderen Land, dann macht das andere Land dasselbe. Setzt ein Land einen Diplomaten vor die Tür, dann schmeißt das andere Land auch einen raus und so weiter. In der großen Politik ist es genauso: Wer Sanktionen verhängt, bekommt Gegensanktionen und wer ungewollten Gästen die Einreise verwehrt, muss damit rechnen, dass auch seine Leute nicht hineingelassen werden. ... Die Europäer brauchen also gar nicht so zu tun als wären sie überrascht. Die Gefahr liegt nur darin, wenn aus dem Spiel Ernst wird, denn Gründe gäbe es genug und im Militär spielt das Prinzip der Gegenseitigkeit ebenfalls eine wichtige Rolle.“