Abbas stellt Oslo-Verträge infrage
Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hat in seiner Rede vor der UN-Vollversammlung am Mittwoch das Friedensabkommen von Oslo infrage gestellt, da Israel es ständig verletze. Einige Kommentatoren werfen Abbas mangelnde Dialogbereitschaft vor. Andere fordern Israel auf, das Westjordanland nicht weiter zu besiedeln.
Palästinenserpräsident stößt alle vor den Kopf
Palästinenserpräsident Abbas lässt jegliche Bereitschaft zum Dialog vermissen, bedauert die linkliberale Tageszeitung La Repubblica: "Die Rede ist selbst in den Reihen der Fatah, der Partei des Präsidenten, auf Ratlosigkeit gestoßen. Mahmud Abbas hat mit keinem Wort die Wiederaufnahme der Friedensgespräche erwähnt. Er hat sich damit begnügt, das erlittene Unrecht anzuprangern. Dies reicht aber offenkundig nicht, um Israel zur Aufgabe seiner 40 Jahre dauernden Siedlungspolitik im Westjordanland zu bewegen. Es ist das Zeichen, dass der Herbst des Patriarchen begonnen hat. Ein Zeichen des Verschleißes einer Präsidentschaft, die in elf Jahren kein nennenswertes Ergebnis erzielt hat. Der 80-Jährige stellt immer wieder seinen Rücktritt in Aussicht. Doch dann bleibt er und regiert mit eiserner Faust. Weder Kritik noch Einwände lässt er zu und hat deshalb den Kreis der engsten Vertrauten auf eine Handvoll reduziert."
Verantwortung für Frieden liegt auch bei Israel
Israel muss dringend seine Siedlungspolitik ändern, fordert die Tageszeitung Kristeligt Dagblad mit Blick auf die Aufkündigung des Osloer Abkommens durch Palästinenserchef Mahmud Abbas: "Beide Parteien tragen ihren Teil der Schuld und zweifelsohne fürchtet Israel mit Recht, dass ein palästinensischer Staat von islamistischen Kräften wie der Hamas übernommen werden könnte. Sowohl die israelische Siedlungspolitik als auch Israels militärische Besatzung des Westjordanlands schaden auch dem Land selbst. Nicht nur weil die Unterstützung in der Welt für Israel schwindet, sondern weil die ungesetzlichen Siedlungen die demokratische Seele des Landes und das Selbstverständnis der Israelis verwunden. ... Wenn Israels Sicherheit von der vollständigen Kontrolle des Westjordanlands abhängt, dann soll es Soldaten senden und nicht Siedler, die es den Palästinensern unmöglich machen, ihr eigenes Land zu bestellen und Unternehmen zu gründen. ... Es liegt in hohem Maße an Israel, mehr für den Frieden zu tun."
Alles nur leere Drohungen
Die Aufkündigung des Friedensabkommens von Oslo wird keinerlei Konsequenzen haben, glaubt das linksliberale Nachrichtenportal Spiegel Online: "Abbas richtete sich hauptsächlich an das eigene Volk, als er auf der internationalen Bühne kundtat, seine 'Geduld' sei am Ende. Der Dauer-Präsident ist bei seinen Leuten so unbeliebt wie nie zuvor. ... Abbas' Drohungen sind weitgehend leer. Mit seinen Äußerungen zum Oslo-Abkommen von 1993 blieb er vage - und spielte den Ball an die israelische Seite zurück. Man fühle sich nicht mehr gebunden, solange Israel sich weigere, die Besiedelung der besetzten Gebiete zu stoppen, sagte er. Ein zeitliches Ultimatum setzte Abbas nicht. Friedensgespräche finden ohnehin seit mehr als einem Jahr nicht mehr statt seit der gescheiterten Initiative von US-Außenminister John Kerry. Die palästinensische Führung ist immer weniger gewillt, Verhandlungen mit Israel als echte Möglichkeit zum Frieden zu betrachten."