Gepanschte Desinfektionsmittel in Rumänien
In rumänischen Krankenhäusern wurden Desinfektionsmittel jahrelang um das Zehnfache gestreckt. Dies haben Journalisten im Zuge von Recherchen zum Brand im Bukarester Nachtclub Colectiv und der Versorgung der Opfer herausgefunden. Rumäniens Presse zeigt sich erschüttert und hofft, dass der Skandal etwas verändern wird.
Gesellschaft muss Gleichgültigkeit bekämpfen
Dass Rumänien durch den Skandal wachgerüttelt wird, hofft die Wochenzeitung Observator Cultural:
„Am Wochenende gab es Proteste. Die öffentliche Meinung hat begonnen, Reaktionen zu fordern. Die erste war der Rücktritt des Gesundheitsministers [Patriciu Achimaş-Cadariu am Montag], der zögerlich und ängstlich war und die Lage überhaupt nicht im Griff hatte. Die zweite kam vom Premier selbst, der Desinfektionsmittel und Lieferverträge überprüfen lässt. Die dritte Maßnahme wäre eine Realität, in dem die Gesellschaft reibungslos funktioniert und am Wohl des Bürgers ausgerichtet ist. … Die Gazeta Sporturilor [Sportzeitung, die den Skandal aufdeckte] zeigt in diesen Wochen, dass Ehrlichkeit, die sich am öffentlichen Interesse ausrichtet, zu Reaktionen verpflichtet: auf Katastrophen, auf Betrug, auf Gleichgültigkeit. … Es ist nicht einfach, so zu arbeiten. Doch dies ist der einzige Weg Blockade, Vernachlässigung und Vergessen zu überwinden und die Hoffnung zu bewahren.“
Ärzte hätten Alarm schlagen müssen
Dass die Manipulation in den Krankenhäusern niemandem aufgefallen ist, macht Evenimentul Zilei skeptisch:
„Wie ist es möglich, dass kein Krankenhausdirektor, kein Uniprofessor in all den Jahren daran gedacht hat, eine Analyse der verwendeten Desinfektionsmittel vorzunehmen, wenn so viele Patienten aufgrund von Infektionen starben? Warum war so ein schreckliches Desaster, wie die Brandtragödie im Colectiv nötig, um etwas zu erkennen, das schon jahrelang auf der Hand lag? Das Justizsystem hat jetzt nicht nur die Pflicht, schnellstens den Haupttäter zu ermitteln, sondern alle vor Gericht zu bringen, die an diesen kriminellen Aktionen beteiligt waren. Denn es ist unmöglich zu glauben, dass so viele Chefs der Krankenhäuser das gestreckte Desinfektionsmittel verwendeten, ohne sich Fragen zu stellen.“
Korruption tötet tatsächlich
România Liberâ lobt hingegen die Arbeit derjenigen, die die Manipulationen öffentlich machten:
„Die Journalisten von Rise Project haben unter anderem aufgedeckt, dass das verdünnte Desinfektionsmittel von einem Zwischenhändler stammt, der es für acht Euro pro Liter aus Deutschland kauft. ... Der Literpreis steigt per Umweg über das Steuerparadies Zypern auf 100 Euro an und wird in dieser Höhe den rumänischen Krankenhäusern angeboten. ... Die seit Jahren anhaltenden Krankenhausinfektionen in Rumänien, bei denen zwar die Operationen glückten, die Patienten aber dennoch starben, wurden auch durch verdünnte Desinfektionsmittel von Hexi Pharma verschuldet. Die oft beabsichtigte Gleichgültigkeit der Behörden hat zum Tod von so vielen Menschen geführt. 'Korruption tötet', war nicht nur ein Slogan der Straße nach der Tragödie im Colectiv, sondern das ist die Realität, die nun die Journalisten aufgedeckt haben. Sie versuchen, uns vor dem Zynismus des Staates zu retten.“