FPÖ ficht Wahl an - aus guten Gründen?
Die national-konservative FPÖ zieht gegen das knappe Ergebnis der österreichischen Bundespräsidentenwahl vor Gericht. Parteichef Heinz-Christian Strache reichte am Mittwoch 150 Seiten beim Verfassungsgericht ein, die Unregelmäßigkeiten bei der Wahl auflisten. Damit geriert sich die FPÖ weiter erfolgreich als Opfer, kritisieren einige Kommentatoren. Andere halten den Schritt für richtig.
FPÖ geriert sich wieder geschickt als Opfer
Die FPÖ und ihr Chef Heinz-Christian Strache können mit diesem Schritt nur gewinnen, glaubt Die Presse:
„Strache erweist sich [erneut] als Epigone Jörg Haiders, der rasch erkannt hat, wie sehr der Opferhabitus stimmenmaximierend funktioniert: sich als von den Altparteien, dem ORF, den Medien generell, der Justiz, dem Establishments, von 'denen da oben' verfolgt und gehetzt zu stilisieren. Diese Strategie funktioniert auch und gerade deshalb so gut, weil sich damit ein Wir-gemeinsam-gegen-die-anderen-Gefühl bei Funktionären und Sympathisanten kreieren lässt. Weil sich eben auch ein hoher Prozentsatz der FPÖ-Wähler als Verlierer sieht oder gesehen wird oder zumindest sozialen Abstieg befürchtet. Für Strache ist die Anfechtung der Präsidentschaftswahl, wie man es dreht und wendet, eine Win-win-Situation.“
Es gab zu viele Unregelmäßigkeiten
Die FPÖ ficht die Wahl zwar aus rein taktischen Überlegungen an, doch für das Land selbst ist die Überprüfung wichtig, kommentiert die Süddeutsche Zeitung:
„Die FPÖ will mit ihrem Vorstoß im Gespräch und in der Opferrolle bleiben. Derzeit konzentrieren sich Medien und Öffentlichkeit nämlich vor allem auf den jüngsten Vorschlag des [ÖVP-]Außenministers [Sebastian Kurz], der Flüchtlinge nach australischem Vorbild auf Inseln im Mittelmeer internieren oder zurück nach Afrika schicken möchte. Damit gräbt er der FPÖ das Wasser ab. Und trotzdem: Die Wahlanfechtung der FPÖ ist zu begrüßen. Sie wird für Österreich von Nutzen sein. Es gab zu viele Unregelmäßigkeiten, formale Fehler und Schlampereien, vor allem bei der Auszählung der per Briefwahl abgegebenen Stimmen. Das muss geprüft und abgestellt, einiges muss neu geregelt werden. Damit sich Fehler nicht wiederholen.“