Größere Chance für FPÖ-Kandidat Hofer?
Wegen Unregelmäßigkeiten bei der Auszählung muss die Stichwahl um das Präsidentenamt in Österreich wiederholt werden. Der Verfassungsgerichtshof in Wien entsprach damit einer Beschwerde der rechten FPÖ. Die Wiederholung ist richtig, finden Kommentatoren. Einige fürchten aber, dass diesmal FPÖ-Kandidat Norbert Hofer triumphieren wird.
Kein Stoff für Verschwörungstheoretiker
Die Wiederholung der Stichwahl ist die beste aller schlechten Lösungen, findet Lidové noviny:
„Die Entscheidung des österreichischen Verfassungsgerichts, die zweite Runde der kürzlichen Präsidentschaftswahl für ungültig zu erklären und komplett wiederholen zu lassen, kam etwas überraschend. Es hat zwar Verletzungen des Wahlrechts festgestellt, jedoch keinen Betrug. Doch besser eine Wahl wiederholen, als in endloser Unsicherheit leben, die von einigen dazu benutzt wird, Verschwörungstheorien zu verbreiten, wonach die Wahlen manipuliert und gefälscht gewesen seien. ... Neugierig machen zwei Fragen: wird die Wahlbeteiligung nach dieser Aufregung höher oder niedriger? Und gewinnt wieder Van der Bellen oder Hofer?“
Österreich erschüttert Europa erneut
Viel Schlechtes, aber auch ein wenig Gutes sieht die Zeitung 24 Chasa in der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs:
„Die gute Nachricht ist, dass die Demokratie in Österreich funktioniert. Die Wahl ging nicht mit rechten Dingen zu, also wird sie wiederholt. Die Verfassungsrichter hätten auch ein Auge zudrücken können. ... Die schlechte Nachricht ist, dass nach dem Brexit nun der nächste Schock folgt und viele Europäer anfangen, Zweifel an ihren altehrwürdigen Demokratien zu hegen. Wäre das in einem osteuropäischen EU-Land passiert, hätte es kaum jemanden gewundert. Was ist bloß los mit den Westeuropäern? Haben sie sich von uns abgeschaut, bei Rot über die Ampel zu gehen? Es gibt noch eine schlechte Nachricht, die Schlimmste: Die Österreicher könnten diesmal den Nationalisten Norbert Hofer tatsächlich die Wahl gewinnen lassen. Hoffentlich sind sie vernünftig, sonst wird es ihnen wie den Briten ergehen.“
FPÖ hat durch Brexit Rückenwind bekommen
Dass der Brexit die Voraussetzungen für die Stichwahl in Österreich verändert hat, glaubt auch die Zeitung Dnevnik:
„Die Freiheitlichen werden - mit Rückenwind durch den Brexit - sicher fleißig für ihre eigenen antieuropäischen, nationalistischen und fremdenfeindlichen Standpunkte werben. ... Sie werden auch versuchen endgültig einen 'Öxit nach dem Brexit' in der politischen Debatte zu platzieren. ... Je mehr Fehler die EU beim Umgang mit der Krise nach dem Brexit macht und je stärker die österreichische Koalition unter dem neuen Kanzler weitermacht wie bisher, umso größer werden nicht nur die Chancen Norbert Hofers, doch noch Präsident zu werden, sondern auch die Chancen Heinz-Christian Straches [FPÖ-Vorsitzender], vielleicht schon bald Kanzler zu werden.“
Wiederholung könnte Pyrrhussieg für FPÖ werden
Die Wiederholung der Stichwahl könnte der FPÖ letztlich auf die Füße fallen, meint der österreichische Autor Robert Misik in einem Gastbeitrag für Spiegel Online:
„In Österreich werden Wahlen sogar dann wiederholt, wenn nachweislich nicht manipuliert wurde. Es reicht schon, wenn in ein paar abgelegenen Gemeinden die freiwilligen Helfer schlampen. Und gerade deshalb ist die Aufhebung gut und richtig. Denn die FPÖ sah die Wahlanfechtung vor allem als Gelegenheit, die Institutionen der Demokratie zu beschädigen und das Vertrauen in sie zu untergraben. Die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs ist ein Schlag ins Gesicht dieser Bemühungen, weil sie klarmacht, wie hoch die Richter die Standards anlegen. ... Zugleich ist aber auch klar, dass die FPÖ als schlechter Verlierer juristische Schlupflöcher wählte, um sich eine zweite Chance zu erschleichen. Das könnte noch ins Auge gehen und sich als wahrer Pyrrhussieg erweisen.“