Wie sinnvoll sind Berlins Anti-Terror-Pläne?
Mehr Polizisten und schnellere Abschiebungen von straffälligen Ausländern und sogenannten Gefährdern: Das schlägt Bundesinnenminister Thomas de Maizière zur Verbesserung der inneren Sicherheit unter anderem vor. Ein Burka-Verbot lehnt er hingegen ab. Es würde auch nichts bringen, pflichten Kommentatoren bei und fordern generell, demokratische Freiheiten nicht der Sicherheit zu opfern.
Burka-Verbot wäre unsinnig
Dass sich Innenminister de Maizière gegen ein Burka-Verbot ausgesprochen hat, ist nach Ansicht von Dennik N richtig:
„Solche Forderungen scheinen schnellen Erfolg zu versprechen und sind bei Politikern deshalb sehr beliebt. Im Grunde sind sie aber nur Effekthascherei. ... In Frankreich gibt es schon seit einigen Jahren ein Burkaverbot, ohne dass es geholfen hätte. Nicht ein Anschlag dort oder woanders in Europa wurde in den letzten Jahren von einer Frau in Burka verübt. Im Gegenteil: Je mehr die Attentäter aussehen wie die meisten Menschen um sie herum, desto größere Chancen haben sie auf Erfolg. ... Die Burka kann Frauen untersagt werden, die in öffentlichen Einrichtungen arbeiten wollen. Ein flächendeckendes Verbot aber ist kontraproduktiv, ob uns die Burka nun gefällt oder nicht.“
Demokratie darf keinen Schaden nehmen
Deutschlands Maßnahmenkatalog im Terrorkampf findet El País angebracht, warnt aber vor dem Verlust demokratischer Freiheiten:
„Zu den Maßnahmen gehören der Entzug des Reisepasses von Bürgern ausländischer Herkunft, die für den IS gekämpft haben oder die Abschiebung von Flüchtlingen, die ein Sicherheitsrisiko darstellen. Die neuen Eigenarten des Terrorismus, dass sowohl organisierte Netzwerke als auch Einzelkämpfer aktiv sind, zwingen zu dieser Verschärfung und besseren Koordination. Denn nur so kann man Angst und Populismus bekämpfen, das Krebsgeschwür des europäischen Projekts. Doch wenn die Maßnahmen wirksam sein sollen, müssen sie bei den Parteien breite Unterstützung bekommen und dürfen bei der Umsetzung Deutschlands demokratische Freiheiten nicht einschränken.“
Maßnahmen gaukeln Sicherheit vor
Aktionismus wittert angesichts der Vorschläge de Maizières die Tageszeitung taz:
„Nach den Pariser Anschlägen hatte die Bundesregierung mit der militärisch eher sinnlosen Entsendung von Aufklärungsflugzeugen gegen den IS reagiert. Damals wie heute folgt sie dem gleichen Muster: nach Attentaten Scheinaktivitäten zu entfalten – statt einfach Polizei und Justiz ihre Arbeit machen zu lassen. ... Auch die beste Polizei der Welt kann nicht jeden Möchtegern-Attentäter rechtzeitig entdecken. Das weiß auch Thomas de Maizière, der bei der Vorstellung seines Maßnahmenpakets durchaus richtige Sätze sagte wie den, dass niemand absolute Sicherheit garantieren könne. Seine Vorschläge aber suggerieren das Gegenteil. Beunruhigend ist das. Was wird die Union erst vorschlagen, wenn in Deutschland ein Anschlag wie in Nizza stattfindet?“
Europa braucht jetzt den Schulterschluss
Deutschlands Anti-Terror-Paket könnte für Europa Vorbildcharakter haben, meint La Vanguardia:
„Merkel musste handeln, erstens, weil sie in Europa die größte Verantwortung trägt und zweitens, weil ihre Beliebtheit seit der Anschlagswelle in nicht einmal einem Monat um zwölf Punkte gesunken ist. ... Sicherheitspolitische Maßnahmen sind wichtig, nicht nur für Deutschlands innere Stabilität sondern auch, weil sie Europa zeigen können, wohin es geht: Deutschland wie Europa können mit mehr Ressourcen und besserer Koordination den Kampf gegen den Terrorismus gewinnen. Vor uns liegt ein langer Weg. Europa durchlebt gerade mehrere schwere Krisen: Brexit, Populismus, Wirtschaft. ... Da sind wir uns natürlich nicht immer einig. In der Sicherheitspolitik aber ist ein Schulterschluss angeraten. Denn hier geht es um unser Leben.“
Mehr als nur Symbolpolitik
Ob es nun Wirkung zeigt oder nicht, das Sicherheitspaket der Bundesregierung ist von bitterer Notwendigkeit, meint De Volkskrant:
„Maßnahmen wie mehr Polizisten auf der Straße oder eine bessere Ausrüstung sind ziemlich unumstritten. Schwieriger wird es etwa bei der Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit oder der Ausweisung krimineller Flüchtlinge. Das kann man ankündigen, aber wie effektiv diese Maßnahmen sind, muss sich noch zeigen. ... Kritiker wollen das gesamte Paket als Symbolpolitik abtun und es auf einen Versuch reduzieren, der populistischen Alternative für Deutschland den Wind aus den Segeln zu nehmen. Das aber wird dem Ernst der Lage nicht gerecht. Die deutsche Regierung tut zu Recht ihr Bestes, um den Bürgern die Angst vor Anschlägen zu nehmen. Originell ist das präsentierte Paket sicher nicht und Teile davon kann man auch kritisieren. Aber leider sind diese Pläne auch eine bittere Notwendigkeit.“