Darf man künftig noch "polnisches KZ" sagen?
Polens Regierung will die Bezeichnung von Auschwitz und anderen Vernichtungslagern als "polnische Konzentrationslager" mit bis zu drei Jahren Haft bestrafen. Sie fürchtet, mit dieser Wortwahl werde suggeriert, dass Polen eine Rolle beim Betrieb der deutschen KZ gespielt haben könnte. Das Anliegen Warschaus ist richtig, loben einige Kommentatoren. Andere mahnen die Polen, sich ihrer historischen Verantwortung zu stellen.
Gegen heimtückische Geschichtsverfälschung
Die Idee hinter dem Gesetzentwurf der polnischen Regierung ist richtig, findet Kolumnist Jerzy Haszczyński in Rzeczpospolita:
„Ich schätze es, dass sich die Regierung um den guten Namen Polens kümmert. Der Begriff der 'Polnischen Konzentrationslager', der in den ausländischen Medien auftaucht, verfälscht die Geschichte und suggeriert in heimtückischer Art und Weise die Verantwortung unseres Staats und der Polen für die deutschen Verbrechen. Und wenn man rechtlich dagegen vorgeht, zeigt dies, dass man diesem Thema die höchste Priorität einräumt. Doch habe ich meine Zweifel. Der größte bezieht sich auf die Bestrafung von bis zu drei Jahren Gefängnis, die das Gesetz vorsieht. ... Ich weiß nicht, wen das eigentlich treffen sollte. Denn fast alle Fälle, in denen diese Bezeichnung verwendet wurde und an die ich mich erinnere, endeten mit Entschuldigungen.“
Suche nach Wahrheit nicht bestrafen
Verständnis für den Ärger der Polen über die Formulierung "polnisches KZ" zeigt Mladá fronta dnes, warnt aber, dass unter dem Verbot auch die Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte leiden könnte:
„Es geht dabei um die Frage, in welchem Maß der polnische Antisemitismus dazu beigetragen hat, dass so wenige polnische Juden den Krieg überlebten und bei den Polen so wenig Hilfe fanden. ... Nichts verringert dabei selbstverständlich die Verantwortung der Nazis. Aber die Polen sind mit unangenehmen Fragen konfrontiert, die sie in ihrem eigenen Interesse beantworten müssen. Ähnliches gilt für Tschechien. Ob es dabei um die Auslieferung deutscher jüdischer Emigranten nach 1938 an die Nazis geht, die Errichtung eines KZ für Roma im südböhmischen Lety oder um das Nachkriegs-Schicksal von arisiertem jüdischen Eigentum. Die Suche nach Antworten sollte man nicht per Gesetz bestrafen. Weder in Polen, noch in Tschechien.“