Was bewirkt der Prozess gegen al-Mahdi?
Der islamistische Rebellenführer al-Mahdi aus Mali steht seit Montag vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag. Ihm werden Zerstörungen von Weltkulturerbestätten in Timbuktu im Jahr 2012 zur Last gelegt, die er zu Prozessbeginn gestand. Das Verfahren wird Islamisten weiter anstacheln, fürchten einige Kommentatoren. Andere setzen hingegen auf dessen abschreckende Wirkung.
Den Haag bietet Tätern eine große Bühne
Der Prozess in Den Haag ist ein wichtiges Signal für die Relevanz von Kulturgütern - mehr aber auch nicht, urteilt die Süddeutsche Zeitung:
„Die Spannung zwischen dem Schutz der Kultur und dem Schutz des Lebens ist nicht aufgehoben. Ahmad al-Mahdi wird vermutlich für die Zerstörung von Tempeln verurteilt, nicht aber für Vergewaltigungen oder andere Verbrechen gegen Zivilisten. Darf sich das Gericht auf Steine - auch Welterbe-Steine - beschränken, wenn Menschen gelitten haben? Ist nicht jeder Prozess wegen Kulturschändung eine Priorisierung zulasten der Opfer? ... Man sollte sich über die abschreckende Wirkung des Prozesses keine falsche Hoffnung machen. Je größer die Aufmerksamkeit, je größer der weltweite Schockeffekt durch Videos von zerstörten Kulturschätzen - desto größer die Genugtuung für Täter und Möchtegerns. Auch Den Haag ist eine große Bühne.“
Verfahren schreckt potenzielle Islamisten ab
Weniger pessimistisch sieht Der Standard den Prozess um die Verwüstungen in Timbuktu. Dieser könne dazu beitragen, dass junge Malier vom Islamismus zurückschrecken:
„[D]ie Argumente für den Prozess sind nicht leicht von der Hand zu weisen. Es ging bei den Angriffen nicht nur um die materielle Zerstörung, es ging um die versuchte Vernichtung einer Kultur und der Geschichte einer Region. Und den direkten physischen Angriff auf eine Lebensart - auf jene moderate Islam-Auslegung, die in Mali dominiert. Die Entwicklung des Prozesses gibt Anlass zur Hoffnung. Die Art, in der al-Mahdi bedauerte, 'vom rechten Weg abgekommen' zu sein, mag in jungen Maliern Reflexionen auslösen, die selbst von Radikalisierung bedroht sind. Dann hätte das Verfahren zumindest ein Ziel erreicht.“