Lettland will unpatriotische Lehrer entlassen
Der lettische Präsident hat ein Bildungsgesetz unterzeichnet, das es ermöglicht, Lehrer zu entlassen, die dem Land und der Verfassung gegenüber nicht loyal sind. Die Regierung will damit russischen Einfluss in den russischsprachigen Schulen des Landes unterbinden. Macht sich Lettland lächerlich oder ist dies der richtige Schritt gegen russische Propaganda?
Russland wird über Lettland spotten
Das neue Bildungsgesetz schadet Lettlands Ruf, schimpft Neatkarīgā:
„Die Forderung nach Loyalität ist eine gute Möglichkeit, sich mit Russland zu zanken. Jetzt kann die russische Propaganda wieder Anschuldigungen vorbringen und über Lettland spotten. Denn solche Loyalitätsforderungen an Lehrer gibt es in anderen europäischen Ländern nicht. Der nächste Ort, an dem Loyalität verlangt wird, ist Aserbaidschan. Ein schönes Land, aber mit einem anderen Verständnis von Meinungsfreiheit als in der EU. Sollten wir Praxis und Gesetze dieses Landes kopieren? Es ist erstaunlich, wie weit die Politiker gehen können. Man könnte es verstehen, wenn jemand den Bildungsminister beleidigt hätte und er jetzt Rache nehmen wollte. Aber die Mehrheit im Parlament macht mit, und auch der Präsident war nicht in der Lage, etwas einzuwenden.“
Eine Frage der nationalen Sicherheit
Nicht loyale Lehrer müssen sofort entlassen werden, lobt hingegen Latvijas avīze das Gesetz:
„Wir sind doch nicht dumm: Die Lehrbücher aus Russland, die als zusätzliche Materialien in russischsprachigen Schulen genutzt werden, sind nicht dazu geeignet, den Blickwinkel der Schüler zu erweitern. Es ist eine bewusste Handlung mit klarem Verständnis für die falsche Literatur. Wir müssen klar und deutlich sagen: Lehrer, die bewusst die Jugendlichen gegen den Staat stimmen, haben kein Recht, als Lehrer zu arbeiten. Das Gesetz, das nicht loyale Lehrer entlässt, ist absolut notwendig. Das ist eine Frage der nationalen Sicherheit. Leider. Aber das ist die Realität in unserem Land 26 Jahre nach der Wiederherstellung der Unabhängigkeit.“
Schüler müssen als Patrioten erzogen werden
Es ist bedauerlich, dass ein solches Gesetz offenbar nötig ist, um unloyale Lehrer aus dem Schulsystem herauszufiltern, findet Latvijas avīze:
„Die Leute fragen sich, ob tatsächlich die Zeiten zurückkehren, in denen nur eine Meinung richtig war. Und warum müssen die Lehrer zunehmend das Misstrauen der Staatsmacht spüren? Wo bleiben die Prinzipien der Demokratie? ... Doch es sieht so aus, als ob sich Lettland in einer gefährlichen Situation befindet: in den Schulen arbeiten Lehrer mit zweifelhaftem Ruf. Und die Polizei und das Ausbildungsministerium sind hilflos. Nur diese Änderungen im Bildungsgesetz können jetzt unser Ausbildungssystem retten und sicherstellen, dass die Schüler als Patrioten erzogen werden. Aber die juristische Qualität des Gesetzes ist fragwürdig.“
Ein lächerliches Gesetz
Darüber, wie das Gesetz konkret umgesetzt werden soll, macht sich Neatkarīgā einige spöttische Gedanken:
„Nach dem man die Änderungen durchgelesen hat, ist auf den ersten Blick schwer zu verstehen: soll man jetzt vor Freude in die Luft springen oder weinen? Es wird schwer fallen, die Pädagogen und Schuldirektoren bei der Verletzung der Verfassung und Loyalität zu erwischen. Denn die munteren Inspektoren des Bildungsministeriums sind kaum in der Lage, alle Schulen und Klassen zu besuchen, in denen potenziell unloyal unterrichtet wird. ... Werden Drohnen zum Einsatz kommen? Oder werden die Kontrolleure warten, bis jemand wie [die sowjetische Heldengestalt] Pawlik Morozow anruft und über die Unloyalität gegen Heimat, Partei und Regierung berichtet? ... Und sind tatsächlich die Lehrer, die das Ausbildungsministerium immer wieder mit Reformen beglückt, die großen Unloyalisten und Lettland-Hasser?“