Prag macht Weg für Roma-Gedenken frei
18 Jahre haben tschechische Regierungen vergeblich versucht, eine Schweinemastanlage in unmittelbarer Nähe eines früheren Roma-Konzentrationslagers im südböhmischen Lety zu schließen. Der Betrieb verhinderte bislang ein würdevolles Gedenken an die Opfer. Am Montag beschloss die jetzige Regierung, den Umzug der Firma an einen anderen Ort zu finanzieren. Tschechische Kommentatoren reagieren erleichtert.
Anti-Roma-Karte zieht nicht mehr
Es sind nie finanzielle, sondern immer politische Gründe gewesen, die eine Schließung der Schweinemastanlage und ein würdevolles Gedenken an die ermordeten Roma verhindert haben, erinnert Lidové noviny:
„Lety war eine der größten Schanden der hiesigen Politik. Was fast 20 Jahre nicht ging, ist jetzt plötzlich kein Problem mehr. Es ging und geht nicht um das Geld für den Aufkauf des Betriebs, das im Staatshaushalt nicht ins Gewicht fällt. Über zwei Dekaden fürchteten die jeweiligen Regierungen, dass ihnen die Opposition eine entsprechende Entscheidung für die Roma um die Ohren hauen würde. Das hat sich geändert. Die Opposition - mit Ausnahme der Kommunisten - hat sich kultiviert. Die Politiker generell haben begriffen, dass man an einem Ort, an dem auch Kinder nur wegen ihrer dunkleren Hautfarbe ums Leben kamen, heute nicht mehr die sonst so beliebte Karte des Anti-Ziganismus ziehen kann.“
Babiš musste einlenken
Wenige Wochen vor der jetzigen Regierungsentscheidung hatte Vizepremier und Finanzminister Andrej Babiš noch für einen Eklat gesorgt, als er das Roma-Konzentrationslager Lety als bloßes 'Arbeitslager' bezeichnet hatte. Am Ende war diese Peinlichkeit hilfreich, um den Weg für ein ordentliches Gedenken freizumachen, kommentiert Hospodářské noviny:
„Nach 18 Jahren, in denen man über das Ende der Schweinemastanlage in Lety diskutierte, sieht es endlich nach einer Lösung aus. Aber noch ist es nicht soweit. An der Stelle des früheren Konzentrationslagers, das einen würdigen Gedenkort verdient, werden noch immer Schweine gefüttert. Doch die Regierung lässt nun eine Studie ausarbeiten, wie teuer der Ankauf des Betriebs würde. Unglaublich, dass das so lange gedauert hat. ... Paradoxerweise trug Babiš mit seiner peinlichen Äußerung jetzt am meisten zur Lösung bei. Er kann schlecht das Geld verweigern, wenn er nicht als Leugner des Roma-Holocaust dastehen will.“